Bad Tölz-Wolfratshausen:Der Kampf um die Azubis

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Mehr als 200 von 700 Lehrstellen im Landkreis sind derzeit unbesetzt

Die regionale Wirtschaft hat auch in diesem Jahr mit einem eklatanten Mangel an Bewerbern für ihre Ausbildungsplätze zu kämpfen. Zu Beginn des Ausbildungsjahrs im September sind in den Betrieben mehr als 200 der angebotenen 700 Lehrstellen frei, meldet die Industrie- und Handelskammer (IHK) unter Berufung auf die aktuelle Statistik der Arbeitsagentur. Damit bleibe derzeit fast jeder dritte Ausbildungsplatz unbesetzt. Um Azubis zu kämpfen hätten vor allem kleine und mittlere Unternehmen. Die haben gute Gründe, reichlich Lehrstellen anzubieten, einerseits tun sie es wegen der guten Konjunktur, andererseits wegen des absehbaren Fachkräftemangels, von dem sie selbst betroffen sind. Doch die Betriebe bekämen immer weniger Bewerbungen, sagt Reinhold Krämmel, Vorsitzender des IHK-Gremiums Bad Tölz-Wolfratshausen-Miesbach. Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen treten mit Beginn des Ausbildungsjahres 251 Jugendliche eine Lehre bei IHK-zugehörigen Unternehmen an. Das geht aus einer vorläufigen Zwischenbilanz der IHK für München und Oberbayern von Ende August hervor. Dies ist ein Minus von 5,3 Prozent gegenüber August 2014. Damals standen 265 Jugendliche davor, eine Ausbildung zu beginnen.

Die hinsichtlich der Zahlen fünf stärksten IHK-Ausbildungsberufe im Landkreis seien Industriemechaniker, Kaufleute im Einzelhandel, Bankkaufleute, Industriekaufleute und Kaufleute für Büromanagement. Besonders groß sei der Azubimangel im Einzelhandel und in der Gastronomie, heißt es weiter. Krämmel sagt jedoch, dass sich das Problem quer durch alle Branchen ziehe. So seien auch noch viele Lehrstellen in der Baubranche, im Metall- und Fahrzeugbau und im Bankensektor frei. Krämmel beklagt, dass "der Mangel an Ausbildungsbewerbern für unsere Wirtschaft immer mehr zum Dauerzustand" werde. Die fehlenden Azubis von heute seien aber der Fachkräftemangel von morgen. Die Wirtschaft brauche deshalb dringend Unterstützung, um die Ausbildung für mehr Jugendliche attraktiv zu machen. Den Bewerberengpass führt Krämmel auf stagnierende Schulabgängerzahlen und den Trend zur Akademisierung zurück. Die Zahl der Absolventen der Mittelschulen sei in Oberbayern seit 2005 um 27 Prozent zurückgegangen. Gleichzeitig sei die Zahl der Abiturienten um 54 Prozent gestiegen.

Dass eine Ausbildung zur Fachkraft hervorragende Karrierechancen biete, müsse in der Berufsorientierung wieder einen höheren Stellenwert bekommen. "Wir brauchen nicht noch mehr Studienabbrecher", sagt Krämmel. Mit Maßnahmen wie Schulpatenschaften, der Teilnahme an Bildungsmessen oder Ausbildungstagen im Unternehmen sollen Betriebe den Schülern bei der Berufsorientierung helfen können. Insgesamt sind 254 IHK-zugehörige Unternehmen im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen in der Ausbildung aktiv. Sie vereinen in sich knapp 60 Prozent aller Ausbildungsverhältnisse.

© SZ vom 02.09.2015 / sz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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