Tourismus im Landkreis:"Dann heißt es, bei euch geht gar nichts"

Lesezeit: 2 min

In Penzberg können die Bürger am Sonntag für oder gegen ein Hotel stimmen. Sollte das Vorhaben abgelehnt werden, wäre das für die ganze Region folgenschwer, sagt Andreas Wüstefeld, Sprecher des das Tölzer Tourismus-Managements.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz-Wolfratshausen

Andreas Wüstefeld sieht dem Bürgerentscheid am Sonntag in Penzberg mit einiger Anspannung entgegen. Der Leiter des "Tölzer Land Tourismus" lässt keinerlei Zweifel aufkeimen, dass er sich ein deutliches Ja zu den Plänen der Stadt für ein neues Hotel am Huber See wünscht. Eine Ablehnung dieses Projekts hätte "eine verheerende Signalwirkung" für den Tourismus in ganz Oberbayern und damit auch für den Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, sagt Wüstefeld. "Dann sagt sich ein Investor doch, ich gehe lieber gleich nach Tirol, da werde ich mit offenen Armen empfangen, während man hier das Geld, das ich mitbringe, gar nicht will."

Für ein Hotel möchte Penzberg eine Fläche rechts neben dem Weg (nach oben hin) im Waldstück am Huber See zur Verfügung stellen. (Foto: Manfred Neubauer)

In Penzberg müssen die Bürger darüber befinden, ob sie der Argumentation der Bürgerinitiative "Kein Hotel am Huber See" folgen und das Naherholungsgebiet am See als Standort für einen Neubau ablehnen. Oder ob sie Bürgermeisterin Elke Zehenter (parteifrei) und die Mehrheit im Stadtrat unterstützen, die sechs Hektar in dem 150 Hektar großen Waldstück einem Hotelinvestor für ein Haus im Vier-Sterne- Segment zur Verfügung stellen wollen. "Ich denke hier nicht Tölzer-Land-touristisch, sondern oberbayerisch", sagt Wüstefeld. Entschieden sich die Penzberger gegen das Vorhaben der Kommune, setzten sie weit über die Landkreisgrenze hinaus ein Zeichen, "dass es selbst in Oberbayern nicht mehr möglich ist, touristische Investitionen zu tätigen". Potenzielle Investoren würden so abgeschreckt, "dann heißt es doch, bei euch geht ja gar nichts". Dies hätte auch Folgen für andere Städte in der Region, zum Beispiel für Bad Tölz, das im Zuge seines Konzepts "Neue Tölzer Hotelkultur" selbst zwei Vier- und Drei-Sterne- Häuser ansiedeln möchte.

"Narben, die nie wieder heilen"

1 / 6
(Foto: Manfred Neubauer)

Volker Hoensch, Maschinenbauingenieur, BI "Kein Hotel am Huber See": Dieser Standort ist aus ökologischen und naturschutzrechtlichen Gründen nicht zu verantworten. Die Standortauswahl wurde nie richtig abgeschlossen. Die Bürger von Penzberg haben 41 Vorschläge für einen Hotel-Standort erarbeitet. Etwa acht sind übrig geblieben. Qualifiziert bewertet und abgeschlossen wurde die Auswahl nie. Außerdem grenzt das Gebiet am Huber See an Biotope. Konflikte mit dem Artenschutz sind am Rande des Rodungsbereichs nicht zu vermeiden. Drittens würde ein Hotel die Kulturlandschaft am Huber See nachhaltig zerstören. Die friedvolle Ausstrahlung der Natur, in der die Menschen zu Ruhe finden, wäre nachhaltig gestört. Ein punktueller Eingriff hinterlässt Narben, die nie wieder heilen.

"Der Standort ist der richtige"

2 / 6
(Foto: Privat)

Markus Kleinen, Vorsitzender SPD Penzberg: Ich halte das Projekt für absolut sinnvoll und wichtig für die Entwicklung der Stadt. Das Projekt wurde angestoßen durch den Beschluss des Stadtrats, einen Bebauungsplan aufzustellen, jetzt kommt es zum Bürgerentscheid. Wir, die SPD, empfehlen, mit Nein zu antworten. Der Standort ist der richtige, weil er aus einem längeren Auswahlprozess heraus entstanden ist. Die Ansiedlung eines Hotels in Penzberg wird immer in natürliche Lebensräume eingreifen. Wir halten dies am Huber See aber für vertretbar. Die SPD hat Anfang Januar ein Extrablatt herausgegeben, das unseren Standpunkt klar herausstellt. Wir fordern die Bürger auf, mit abzustimmen, damit diese wichtige Entscheidung auf einer breiten demokratischen Basis steht.

"Auf eine Elite ausgerichtet"

3 / 6
(Foto: Manfred Neubauer)

Hubert Helfenbein, Sozialpädagoge, BI "Kein Hotel am Huber See": Wir sind nicht gegen ein Hotel, sondern gegen den Standort am Huber See. Drei Gutachten belegen, dass dieser ungeeignet ist. Die Befürworter behaupten, dass das Hotel dem Tourismus zugute kommt. Das stimmt, aber nicht für Penzberg. Das Hotel ist am Stadtrand. Von dort fahren die Leute auf die Autobahn, nach München oder in die Berge, aber nicht in die Stadt hinein. Außerdem ist das geplante Hotel auf eine Elite ausgerichtet. Der Normalbürger kann sich die Preise nicht leisten. Bisher liegen keinerlei konkrete Daten vor. Der Stadtrat beruft sich immer auf seinen einstimmigen Beschluss für das Hotel. Dass sich unsere Meinung trotz unserer gesammelten Unterschriften nicht widerspiegelt, kann nicht sein.

"Es braucht auch eine Vier-Sterne-Aussicht"

4 / 6
(Foto: Manfred Neubauer)

Dorle Niebling-Rößle, Stadträtin, Bürger für Penzberg: Ich stehe von Anfang zu dem Projekt, weil es für Penzberg eine Zukunftsperspektive ist. Der Bedarf ist da, und die Stadt muss sich nach außen positiv, modern und zukunftsorientiert darstellen. Der Standort ist optimal bewertet. Wir wünschen uns einen guten Investor und einen noch besseren Betreiber. Natürlich ist Roche ein tragender Partner und weltoffen. Seit vielen Jahren wird in Penzberg auf naturnahem Boden gebaut, auch die Behörden bewerten diesen Standort positiv. Ein Vier-Sterne-Haus braucht auch eine Vier-Sterne-Aussicht, die mit dem Huber See und dem Blick in die Berge gegeben ist. Für eine solches Projekt stellt das Gelände eine absolute Spitzenlage dar. Ich befürworte das Hotel auch in meiner Eigenschaft als Unternehmerin.

"Huber See in absoluter Gefahr"

5 / 6
(Foto: Manfred Neubauer)

Bärbel Bierling, Vorsitzende der BI "Kein Hotel am Huber See": Ich bin absolut gegen den Standort. Die Stadt hat sich auf das Hotel am Huber See versteift. Die Penzberger Bürgermeisterin sagt, dass nur dieser Standort infrage kommt, sonst gibt es gar kein Hotel. Wenn man will, findet man auch einen anderen Standort. Sollte das Hotel gebaut werden, ist der Huber See in absoluter Gefahr. Es handelt sich um ein Toteiskessel. Durch die Versiegelung des Bodens hätte der See fast keinen Zufluss mehr, weil er sich nur durch Regenwasser und unterirdische Quellen speist. Der See könnte in absehbarer Zeit umkippen. Zudem bindet der Wald, der gerodet werden muss, Kohlendioxid. Ein Hotelbau würde eines der schönsten Naherholungsgebiete rund um Penzberg zerstören.

"Am allgemeinen Tourismus profitieren"

6 / 6
(Foto: Hartmut Pöstges)

Johannes Bauer, Stadtrat der Grünen: Ich bin für das Projekt, weil Penzberg ein Vier-Sterne-Hotel braucht und dies von vielen überprüften Standorten der einzig mögliche ist. In Penzberg und Umgegend fehlt genau ein Hotel dieser Kategorie. Es wird in erster Linie für Geschäftsleute wichtig sein, aber auch, um am allgemeinen Tourismus im Pfaffenwinkel profitieren zu können. Die ökologischen Argumente sind natürlich ernst zu nehmen, für mich sind jedoch viele Einwände, die die Hotelgegner vorbringen, fachlich sehr in Frage zu stellen. Die letztendliche Gestaltung des Projektes wird natürlich von der Stadt planerisch so beeinflusst werden, dass es sich gut und verträglich in die Umgebung einpasst, ohne dass die naturschutzrechtlichen Belange gefährdet werden.

Eine Konkurrenz fürchtet man dort durch den Bau eines Hotels im 15 Kilometer nahen Penzberg nicht. Das habe keine Auswirkungen auf das Projekt der österreichischen Firma Arcus und des Projektentwicklers Redserve zwischen der Bockschützstraße und der Arzbacher Straße - da ist sich Kurdirektorin Brita Hohenreiter sicher. Bad Tölz will vor allem Touristen ansprechen, die der Gesundheit wegen kommen, in Penzberg dürften sich eher Geschäftsreisende einquartieren. Solche hat die Kurstadt zwar auch, wenn in München große Messen stattfinden, doch "unsere Klientel ist eine andere", sagt Hohenreiter. Ein neues Haus am Huber See dürfte nach ihrer Ansicht denn auch eine nachrangige Rolle in den Marktanalysen spielen, die Redserve für die beiden Hotels in Tölz und die Stadt für ihr eigenes Spa erstellen lässt. In den Studien werde "die Gesamtheit betrachtet", ein Hotel mehr oder weniger in der Region sei nicht entscheidend, sagt die Kurdirektorin. Ansonsten würde sie es begrüßen, wenn die Stadt Penzberg ihre Pläne umsetzen könnte: "Egal wo bei uns - wir brauchen eine gute Hotellerie, das ist gut für alle, denn es zieht Investoren an."

Auch für Maria Werdecker wäre dies "eher ein Zugewinn". Kochel liegt ebenfalls ungefähr 15 Kilometer von Penzberg entfernt, weshalb sich die Leiterin der Tourist-Information in der Seegemeinde durchaus vorstellen kann, dass einige Übernachtungsgäste aus Penzberg an den Kochelsee kommen. "Manche machen dann vielleicht einen Ausflug und fahren Motorboot, oder sie sind an Kunst interessiert und besuchen das Franz-Marc-Museum", meint Werdecker. Für die Gastgeber in Kochel wäre ein neues Hotel in Penzberg keine Gefahr, da es ja im Vier-Sterne-Segment angesiedelt sein soll. "In diesem Bereich haben wir nichts", sagt die Leiterin der Tourist-Information.

© SZ vom 20.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: