Asyl im Landkreis:Warum Platz alleine nicht reicht

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Der Papst wünscht sich, dass jede Gemeinde Flüchtlinge aufnimmt. In der Praxis ist das schwierig

Von Pia Ratzesberger, Bad Tölz-Wolfratshausen

Jede katholische Pfarrei, jede Gemeinschaft, jedes Kloster möge eine Flüchtlingsfamilie aufnehmen - das hat Papst Franziskus am Wochenende auf dem Petersplatz gefordert. Auch Kardinal Reinhard Marx schrieb vor etwa zwei Wochen einen Brief an alle Pfarreien und Ordensgemeinschaften im Erzbistum München-Freising und bat zu prüfen, ob sie Asylsuchende unterbringen könnten. Ein ähnliches Gesuch verschickte die evangelische Landeskirche Bayern.

Man stelle sich nun also einmal vor, all die Gemeinden kämen diesem Wunsch nach - viele Familien hätten plötzlich ein sicheres Heim. Im Erzbistum München-Freising zum Beispiel gibt es allein mehr als 700 katholische Gemeinden. Geht man von einer vierköpfigen Familie aus, wären das immerhin 2800 Plätze. Angesichts der tausenden Ankommenden, die jeden Tag am Münchner Hauptbahnhof aus den Zügen steigen, mag das gering erscheinen, doch es wäre ein Anfang - dem allerdings Einiges im Wege steht. Natürlich, die meisten Gemeinden haben einen Pfarrsaal oder Veranstaltungsräume. Doch sind die nicht unbedingt bewohnbar. "Wir haben erst gestern mit der Kirchenverwaltung darüber gesprochen", sagt Pater Karl Bopp von der katholischen Gemeinde Sankt Kilian in Bad Heilbrunn. Zwar gebe es größere Räume im Pfarrheim, aber keine Sanitäranlagen. Keine einzige Dusche und gerade einmal zwei Toiletten. Das Gleiche ist bei der Gemeinde Heilige Familie und Maria Hilf in Geretsried zu hören: "Auch wenn wir wollten, ein Pfarrsaal mit nur einer Toilette hilft ja auch niemandem", sagt Kaplan Thomas Neuberger.

Manche Orte im Landkreis sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln zudem relativ schlecht zu erreichen, so dass Flüchtlinge ohne Auto kaum ihre Behördengänge erledigen könnten. "Wir sind bereit zu helfen, wo es möglich ist", sagt Pfarrer Willi Milz aus St. Nikolaus in der Jachenau. Aber weil der Ort abgelegen sei, wäre es für die Menschen wohl schwieriger als anderswo. "Man will ja, dass die Familien einen normalen Alltag leben können, mit Job und Schule. Direkt im Ort haben wir aber zum Beispiel nur eine kleine Grundschule", sagt Pater Walter Schmidt aus St. Ulrich am Walchensee. "Hier ist ja gar nichts". An anderen Stellen, im Kloster Dietramszell etwa, sind es ganz andere Widrigkeiten, die eine Unterbringung von Flüchtlingen verhindern: Man mache sich durchaus Gedanken und wolle nicht die Augen verschließen, aber im Kloster sei die Aufnahme von Familien nicht möglich - allein schon, weil die Schwestern in Klausur lebten, den Alltag teils in Stillschweigen verbrächten, sagt eine Schwester. Da helfe es auch nicht, dass einige Zimmer frei seien.

Der Platz also ist oft zwar da, der Wille auch. Das allein aber reicht nicht immer. "Gemeinden können sich an uns wenden, wenn sie unsicher sind", sagt ein Sprecher der Erzdiözese München-Freising. Mittlerweile gebe es eine eigene Mitarbeiterin, die sich allein um die Flüchtlingshilfe und -aufnahme in den Gemeinden kümmere. "Wohnungen etwa müssen nicht perfekt sein. Wir prüfen, ob sie schnellstmöglichst saniert werden können und ob sich der Aufwand lohnt", sagt der Sprecher. Immerhin seien bisher im Erzbistum knapp 1000 Plätze geschaffen worden. Beim Kloster Benediktbeuern, im Energiepavillon, zum Beispiel sind momentan 16 Menschen aus Eritrea untergebracht. Im Kloster Beuerberg sollen in Zukunft 75 Flüchtlinge einziehen - ein Trakt des Gebäudes wird dafür noch umgebaut.

© SZ vom 09.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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