Wohnungsbau:Der Zorn des Prügelknaben

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Beim Frühstück wird in Berlin über die Nutzung von Kasernen gestritten

Jedem parlamentarischen Abend in Berlin folgt der Morgen danach. In diesem Fall gab es keinen Kater, sondern noch leicht beseelt vom Stammstreckenglück gleich ein Parlamentarisches Frühstück. In der Bayerischen Landesvertretung stand von 7.45 Uhr an ein Arbeitstreffen zum zweiten heißen Thema der Metropolregion an, zum Wohnen. Schneller müsse es mit dem Bauen gehen, und auch kostengünstiger, forderten die Münchner in Berlin. Gerade wenn es um ehemalige Kasernen gehe, die nach dem Abzug dem Bund gehören. In der Metropolregion liegen insgesamt 400 Hektar brach, 40 000 Wohnungen könnten darauf entstehen. Der Erdinger Oberbürgermeister Max Gotz schilderte, warum Kommunen wie seine Stadt mehr Hilfe bräuchten, um aus ehemaligen Militärstandorten Quartiere mit bezahlbaren Wohnungen zu machen. Die betreffende Fläche in Erding sei zum Beispiel 300 Millionen Euro wert, an staatlicher Unterstützung gebe es 500 000 Euro.

Eingeladen waren außer regionalen Bundestagsabgeordneten auch Finanzstaatssekretär Jens Spahn (CDU) und der Chef der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), Jürgen Gehb. Die beiden verwalten politisch und ökonomisch die früheren Kasernen. Und wollen die Flächen so teuer wie möglich verkaufen, das ist ihr gesetzlicher Auftrag. Wenn da nun ein paar Kommunalpolitiker aus München in Berlin fordern, dass sie für bezahlbare Wohnungen auf eine erkleckliche Summe pro Geschäft verzichten sollen, reagiert Geschäftsmann Gehb allergisch. Zuerst erklärte er den Oberbürgermeistern Gotz und Dieter Reiter (SPD) die Gesetzeslage, die sie bereits kennen. Dann betonte er, wem diese Grundstücke gehören. Nämlich ihm, respektive seiner Behörde. Er, Gehb, werde es nicht dulden, dass ihm Kommunalpolitiker wertvolle Areale "billig abluchsen, um sie dann zu Höchstpreisen zu verkaufen". Er habe es satt, dass seine Behörde nur "als Prügelknabe mit vier Buchstaben" wahrgenommen werde.

Die verblüfften Oberbürgermeister wiesen darauf hin, dass den Bima-Chef hier niemand an den Pranger gestellt habe. "Das machen sie gerade selbst", sagte der Erdinger OB Gotz. Man habe eigentlich nur die Probleme darstellen und über Lösungen reden wollen. Das ist der Einsatz für Finanzstaatssekretär Spahn, dem politischen Vorgesetzten von Gehb. Reden finde er gut. "Wir haben Interesse, das gemeinsam zu lösen", versuchte er Schärfe vom Frühstückstisch zu nehmen. Bevor noch jemand etwas in den falschen Hals bekommt, bei so einem parlamentarischen Frühstück. Immerhin: Ein Treffen soll so bald wie möglich folgen.

© SZ vom 26.11.2015 / heff - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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