Willkommenskultur:Ein dunkler Fleck

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München heißt Flüchtlinge willkommen, so gut es geht. Viele soziale Angebote und das Engagement der Münchner machen die Stadt vielfältig, bunt und tolerant. Doch dieses bunte Bild hat nun einen dunklen Fleck bekommen

Von Thomas Anlauf

München bekennt sich zu seiner Weltoffenheit, die Stadt heißt Flüchtlinge willkommen, so gut es geht. Darin ist sie bundesweit vielleicht sogar Vorbild: Wohl in keiner anderen deutschen Großstadt werden Menschen, die aus Kriegs- und Krisengebieten kommen, so gut an der Hand genommen und in die Stadtgesellschaft integriert wie in München. Zahlreiche soziale Angebote, aber auch das Engagement vieler Münchner machen München so liebenswürdig vielfältig, bunt und tolerant. Doch dieses bunte Bild hat nun einen dunklen Fleck bekommen. Im Bahnhofsviertel übernimmt die Stadt weitgehend die Kosten für einen privaten Sicherheitsdienst, der verhindern soll, dass dort arbeitssuchende Männer und Frauen vor allem aus Bulgarien allzu sichtbar am Straßenrand herumstehen.

Wie es zu so einem Stadtratsbeschluss kommen konnte, ist völlig unbegreiflich. Die Arbeiterwohlfahrt hat Streetworker, die an der Ecke im Einsatz sind, die mit den Männern und Frauen sprechen und ihnen helfen. Sie weisen sie sogar auf die Nöte der Geschäftsleute hin, die wegen der Tagelöhner um ihre Kundschaft bangen. Die Stellen für Streetwork an Brennpunkten gehören aufgestockt - und es gehört nicht ein Security-Mann auf die Straße gestellt, der die Arbeitssuchenden verprellt. Die Menschen, die da am Randstein stehen, haben ihre Heimat verlassen, weil sie dort nicht überleben können. Hier erleben sie, dass sie nicht einmal an einer lauten Straße im Bahnhofsviertel stehen sollen.

Das ist letztlich menschenverachtend und diskriminierend. Wenn Privatleute einen Sicherheitsdienst engagieren, weil sie sich von anderen belästigt oder eingeschränkt fühlen, ist das eine Sache. Die Stadt sollte sich aber nicht auf dieses Niveau begeben. Willkommenskultur sieht anders aus. Und die sollte nicht nur für Flüchtlinge gelten.

© SZ vom 06.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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