Willi-Graf-Gymnasium:Gedenken verboten

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Die Leitung des Willi-Graf-Gymnasiums untersagt eine Lesung aus der Biographie über den Namensgeber - die Eltern sind empört.

Christian Rost

Im städtischen Willi-Graf-Gymnasium steht die Schulleitung in der Kritik, nachdem die Direktorin eine Lesung aus der Biographie des Namensgebers der Schule untersagt hat. Willi Graf war als Mitglied der Widerstandsgruppe Weiße Rose von den Nazis ermordet worden. Seine Schwester Anneliese Knoop-Graf wollte am 19. März in der Schule aus dem Buch über ihren Bruder lesen.

Die Mensa des Willi-Graf-Gymnasiums in München. (Foto: Foto: Alessandra Schellnegger)

Schulleiterin Gertrud Sauer-Dietl lehnte dies wegen einer ihrer Ansicht nach zu kurzen Planungszeit von vier Wochen ab. In der Elternschaft hält man diesen Grund für vorgeschoben und vermutet, die Schulleitung fühle sich übergangen - wieder einmal: Denn schon in den vergangenen Jahren hat es Konflikte mit dem Direktorat wegen von Schülern und Eltern geplanten Gedenkveranstaltungen für Graf gegeben. So fand sich auch 2008 zu dessen 90. Geburtstag kein Termin: Zuerst war angeblich die Frist zu knapp, dann musste die Mensa eingeweiht werden.

Wollten Chance nicht vergeben

In der Leitlinie der Schule heißt es, "das Willi-Graf-Gymnasium fühlt sich in ganz besonderer Weise seinem Namensgeber verpflichtet, der als Mitglied der Weißen Rose Widerstand gegen die Herrschaft der Nationalsozialisten leistete". Graf ist am 12. Oktober 1943 in Stadelheim mit dem Fallbeil hingerichtet worden. Am 18. Februar 1943 hatte die Gestapo Graf zusammen mit seiner Schwester, mit der er eine Wohnung in der Mandlstraße teilte, verhaftet.

Den letzten Wunsch ihres Bruders, "Weitertragen, was wir begonnen haben", machte sich Anneliese Knoop-Graf zur Lebensaufgabe. Noch heute, im Alter von 88 Jahren und gesundheitlich angegriffen, stellt sie sich diesem Vermächtnis und hält viele Vorträge, wobei sie regelmäßig auch das Schwabinger Gymnasium besucht. "Auch das Angebot von Frau Knoop-Graf, aus der Biographie zu lesen, wollten wir unbedingt annehmen", sagt Irene Wegner vom Elternbeirat. Man habe die Chance nicht vergeben wollen, weil ohnehin nicht mehr viele Zeitzeugen lebten.

Nach der Absage durch die Schulleitung, die einen alternativen Termin im Oktober vorgeschlagen hatte, suchten sich Elternbeirat und Schülervertretung eine Ausweichmöglichkeit für den 19. März: Nun stellt Knoop-Graf die Biographie über ihren Bruder (Peter Goergen: "Willi Graf - Ein Weg in den Widerstand") um 20 Uhr in der Buchhandlung Lentner am Marienplatz vor. Die Schulleitung gibt sich aber auch nach dem Ortswechsel nicht versöhnlich und protestiert dagegen, dass Einladungen zur Lesung auf dem Schulgelände verteilt wurden. Direktorin Sauer-Dietl hält die Lesung nämlich für eine "kommerzielle Veranstaltung". Die Eltern reagierten empört, weil der Unkostenbeitrag von fünf Euro lediglich für die Hotelkosten der aus Bühl am Rhein anreisenden Knoop-Graf verwendet werde.

Die Direktorin, die sich übrigens über ein kostenloses Rezensionsexemplar der Biographie gefreut hatte, verteidigt ihr sperriges Verhalten: Es gehe um die Person Anneliese Knoop-Graf, die man respektvoll behandeln müsse und nicht einfach in eine leere Aula setzen könne. Vielmehr benötige man einen würdigen Rahmen, der genau geplant werden müsse.

© SZ vom 12.03.2009/pfau - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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