Wichtige Anleitung:Im Lehrplan ist zu wenig Platz

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Die "Medienlöwen" schulen Kinder im Umgang mit Handy und Internet

Interview von Melanie Staudinger, München

Viertklässler schicken sich pornografische Bilder, Unterstufenschülerinnen mobben im Chat, Halbwüchsige filmen, wenn ein Bekannter verprügelt wird: Wenn über den Umgang Jugendlicher mit Handys, Tablets und dem Internet gesprochen wird, ist das meist nicht sehr positiv. Dabei bräuchten Schüler einfach nur Anleitung, findet Margot Czekal vom bayerischen Landesverband des Kinderschutzbundes. Ihre Organisation bietet ein durch Spenden finanziertes Medienbildungsprogramm für Schulen an - 2015 nahmen daran 2300 Viert- bis Siebtklässler in München und Umgebung teil.

SZ: Sollten Eltern ihren Kinder überhaupt ein Smartphone kaufen?

Margot Czekal: Eltern statten ihre Kinder oft großartig mit technischen Geräten aus und lassen sie dann damit alleine. Sie erklären ihnen nicht, welche Regeln es gibt, und wie man sich sicher im Netz bewegt. Wenn Eltern ihren Kindern zum Beispiel ein Fahrrad kaufen, läuft das ganz anders ab. Da bringen sie ihnen das Fahren bei und auch die Verkehrsregeln.

Die meisten Jugendlichen kennen sich doch mit Handys besser aus als Erwachsene . . .

Jetzt vielleicht noch. Das ändert sich aber gerade. Die heute 30-Jährigen, die Eltern werden, sind bereits mit Handy aufgewachsen. Sie werden ihren Kindern im technischen Wissen nicht nachstehen.

Nutzen Jugendliche digitale Medien heute anders als früher?

Die digitalen Medien sind selbstverständlich geworden. Jugendliche haben keine Scheu mehr, sie wollen sich mit der Technik auseinandersetzen. Wenn man sie rechtzeitig anleitet und ihnen die Möglichkeiten des Internets erläutert, können sie auch sinnvoll damit umgehen. Sie unterhalten sich dann nicht nur stundenlang im Chat oder machen Blödsinn, sondern suchen gezielt nach Informationen. Sie nutzen das Internet als Arbeitsmittel, so wie wir früher Bücher gelesen haben.

Das Internet birgt doch aber mehr Gefahren als ein Buch?

Wenn Kinder und Jugendliche aufgeklärt werden, wo die Gefahrenherde liegen, auf was sie aufpassen müssen und wie sie sich schützen können, ist das Internet weit weniger gefährlich, als viele denken.

Womit haben Schüler die meisten Schwierigkeiten?

Sie haben oft keine Ahnung, dass im Internet vieles öffentlich zugänglich ist, und dass sie Dinge, die sie einmal gepostet haben, nicht mehr beeinflussen können. Wenn man früher dem Nachbarn in der Schule einen Zettel mit einer peinlichen Nachricht gegeben hat, war die Information weg, wenn das Papier vernichtet war. Das geht im Internet nicht. Da ist alles ewig gespeichert.

Der Kinderschutzbund bietet spezielle Programme wie "Medienlöwen - Münchner Medientraining" an. Reicht der Schulunterricht denn nicht aus?

Im Lehrplan ist zu wenig Platz für das Thema, was bedeutet, dass Lehrer zu wenig Zeit haben, um diese Kompetenzen zu vermitteln.

Wie vermitteln Ihre Pädagogen denn Medienkompetenz?

Wir schauen mit den Kindern und Jugendlichen gemeinsam, was passiert, wenn sie Handys oder das Internet nutzen. Das tun wir mit ihren Geräten, damit sie nachvollziehen können, was geschieht. Was Schüler selbst ausprobieren können, bleibt in der Regel besser hängen. Wir fragen sie, welche Geräte sie und ihre Eltern nutzen. In Absprache mit dem Lehrer bieten wir Schwerpunktthemen an, Datenschutz etwa, soziale Netzwerke, Videoplattformen oder Chats.

Was können Eltern tun, damit Kinder sinnvoll mit digitalen Medien umgehen?

Sie müssen oft erst einmal lernen, selbst verantwortungsbewusst mit dem Smartphone umzugehen. Wer selbst ständig in sein Handy schaut, braucht sich nicht zu wundern, wenn das Kind seines mit zum Abendessen bringt. Auch veröffentlichen viele Eltern sorglos Bilder ihrer Kinder im Netz. Peinliche Babyfotos werden die Söhne und Töchter aber irgendwann wahrscheinlich nicht mehr lustig finden. Eltern sollten auch bei diesem Thema vor allem ein Vorbild sein.

© SZ vom 22.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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