Weltkulturerbe-Diskussion in München:Olympiapark - ein ambivalentes Vermächtnis

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Immer schön der Reihe nach... SZ-Zeichnung: Dieter Hanitzsch (Foto: N/A)

SZ-Leser präsentieren gute Argumente für und wider den besonderen Schutz der einzigartigen Stadion-Landschaft

"Die Bürde der Ehre" vom 29. November und "Eine Liebeserklärung, die verpflichtet" vom 29. November:

Warum so ängstlich?

Die Aussicht auf den Welterbetitel weckt offenbar nicht nur Vorfreude, sondern auch unnötige Ängste. Zitat: "Sollte der Olympiapark tatsächlich den Titel ,Weltkulturerbe' erhalten, sind Veränderungen nur noch möglich, wenn der Wert des Ensembles nicht bedroht wird." Sind denn solche Veränderungen, die den Wert des Ensembles schmälern, so wünschenswert, dass man dafür lieber auf den Ehrentitel verzichten will?

Leider wird immer wieder das Phantom der musealen Käseglocke heraufbeschworen - und nicht wahrgenommen, dass Veränderungen sehr wohl möglich sind, wie die Sprecherin der Deutschen Unesco- Kommission nun wieder erklärte. Sie müssen nur passen. Sehr hilfreich und die Debatte erfrischend ist ein Blick auf bereits bestehende Unesco-Welterbestätten: Da wird, wo nötig, qualitätvoll um- und angebaut, modernisiert, umgenutzt, gesponsort und Erstaunliches veranstaltet. Als Fallbeispiele seien hier genannt: das 1973 eröffnete Sydney Opera House (die SZ berichtete am 12. August), dessen Renovierung und Erweiterung im nächsten Jahr beginnen und sechs Jahre in Anspruch nehmen wird, um den aktuellen Anforderungen an den Brandschutz, die Akustik und die barrierefreie Erschließung gerecht zu werden; oder die Zeche Zollverein, in der nach dem Master- und Managementplan von Rem Koolhas mitnichten museal Kohle abgebaut wird; stattdessen werden höchst lebendige Kultur und zeitgemäßes Design vermittelt - teilweise in spektakulären neuen Gebäuden internationaler Architekturstars.

Die Berliner Museumsinsel wird nach dem Masterplan von David Chipperfield zu einem zeitgemäßen Museumsquartier entwickelt, die Vollendung ist für 2026 geplant. Im April diesen Jahres wurde bereits die James-Simon-Galerie als neues Eingangsgebäude und Besucherzentrum eröffnet. Durch diesen Neubau wird die Hauptausstellungsfläche des Pergamonmuseums nun direkt erschlossen. Im Römischen Theater in Orange werden Opern aufgeführt, im Amphitheater von Arles provenzalische Stierkämpfe abgehalten, und über das Brunnenbecken der Fontana di Trevi schwebten die Models des Modehauses Fendi, das als Sponsor die aufwendige Sanierung der Brunnenanlage bezahlt hatte. - Immer noch ängstlich? Monika Mühlenbeck-Krausen, München

Denkmalbürokratismus

Aus meiner Sicht wäre die Ernennung des Olympiaparkes zum Weltkulturerbe mit viel Steuergeld kontraproduktiv und diente nur den Herren Vogel und Petzet zur Selbstbeweihräucherung. Der Denkmalbürokratismus behindert massiv eine Nutzung und Weiterentwicklung des Parkes im Sinne und zum Nutzen der Bürger. Dies konnte man eindrucksvoll am Beispiel der Elbebrücke Dresden beobachten, wo der oberste Denkmalschützer der Unesco, Herr Petzet, gegen die vitalen Interessen der Bürger eine Käseglocke über eine ganze Landschaft stülpen wollte.

Niemand käme jemals auf die Idee, den Olympiapark zu verbauen. Eine Entwicklung in der Zukunft ist aber nötig, gerade weil der Park von den - auch jungen - Bürgern für Veranstaltungen genutzt wird. Schon heute dürfen die Bürger teilweise die Veranstaltungen nur noch unter Maulwurfshügeln besuchen (neue Kleine Olympiahalle und Sealife). Selbst diese Bauwerke unter der Grasnarbe waren den Denkmalbürokraten schon zu viel Eingriff.

Der Oly-Park ist seit jeher weltbekannt und ein Ziel der Touristen aus aller Welt. Ein "Weltkulturerbe" ist dafür überflüssig. Im übrigen ist der Park für die Münchner Bürger da. Diese müssen schließlich den Unterhalt und die Sanierung Jahr für Jahr mit ihren Steuergeldern teuer bezahlen. Die Zuschüsse der Stadt werden bei einer Ernennung zum Weltkulturerbe mit Käseglocke der Unesco explodieren. Nicht umsonst hat die Geschäftsleitung der Olympiapark-GmbH bereits Bedenken angemeldet. Welche Blüten der Denkmal-Bürokratismus treibt, kann man übrigens sehr gut am Beispiel "Olympiapark" beobachten: Die oberirdischen Häuschen der U-Bahn-Station mit ihrer banalen und hässlichen Architektur stehen ebenso wie die Ruine der längst stillgelegten S-Bahn-Station am westlichen Parkrand unter Denkmalschutz. Als ob gerade dies Bauten die Olympiade repräsentieren würden.

Niemand traut sich diese Anordnungen zu hinterfragen. Man bleibt eben politisch korrekt. Die oben genannten Herren sollten sich einmal fragen, welchen Anteil sie an der heute heiß diskutierten Politikverdrossenheit haben, wenn sie ständig am Bürger vorbei agieren. Edmund Bund, München

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© SZ vom 06.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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