Weiterer Brief:Zersägt die Säulen am Haus der Kunst

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Zur Diskussion über David Chipperfields Pläne zum Umbau des Hauses der Kunst: Christian Mayer spricht sich gegen ein Kettensägen-Massaker aus, das das zugewachsene Haus der Kunst wieder in seiner monströsen Dominanz zeigen würde (Glosse "Kreativ mit Kettensäge" vom 15. Oktober). Ich plädiere im Gegenteil für die Säge.

Aber nicht, um die Bäume zu entfernen, sondern um mit ihr Hand an die Säulen zu legen, die in Reih und Glied stehend Furcht einflößen sollen.

Zersägt sie, schneidet Teile raus und ersetzt sie durch Glas, Stahl oder Kunststoff! Schneidet sie ab und setzt sie schräg wieder ein! Oder macht Knoten aus Stein rein. Da müssen die Statiker halt mal ein bisserl mehr rechnen . . . Oder malt sie pink oder regenbogenfarbig an. Oder lasst bunte Blumen dran wachsen, wie es Jeff Koons mit seinen Puppys vormacht. Oder umbaut sie mit einem schrägen Gebilde aus Glas und Stahl. Nehmt ihnen aber auf jeden Fall diese Mächtigkeit, die einen nur erschaudern lässt!

Herr Chipperfield kann ja mal auf die KZ-Gedenkstätte nach Dachau fahren und dort die Evangelische Versöhnungskirche besuchen. Deren Architekt, Professor Helmut Striffler, hat in seinem Entwurf ganz bewusst auf den rechten Winkel verzichtet: Hier ist alles schräg und schief - Wände, Decken, Treppen. Ein bewusster Gegen-Entwurf zu der aufmarschmäßigen Rechtwinkligkeit der Nazis. Glas schafft zudem Transparenz - genau das, was die NS-Machthaber nicht wollten. Was für eine architektonische Genialität!

Oder er schaut mal nach Ljubljana, wo sie aus alten k.u.k.-Kasernen moderne Museen gemacht haben, indem sie vor die Fassaden geschickt neue Elemente aus Beton und Glas gesetzt haben. Als Kontrapunkt, als Kommentar - nicht als pseudokonservatorische Neuinszenierung eines alten und überkommenen Bauwerks. Klaus Honigschnabel, Gröbenzell

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© SZ vom 19.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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