Weitere Briefe:Von Intoleranten, Schlauen und weniger Schlauen

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Mit anderen Augen gesehen

"Neue Heimat" - in dieser Kolumne berichten seit dem vergangenen Jahr abwechselnd drei Männer und eine Frau, die früher in ihren afrikanischen beziehungsweise asiatischen Heimatländern als Journalisten gearbeitet haben, über ihre Beobachtungen und Erfahrungen in Bayern (zuletzt etwa: "Spionage im Nachbar-Stüberl" vom 28. April). Glanz und Elend des Aufzugfahrens, Einkaufen im Supermarkt und im Möbelhaus, die Bedeutung des eigenen Namens und die Suche nach dem Glück - der deutsche Alltag gewinnt aus dieser Perspektive neue und überraschende Konturen.

Die Medien behandeln Migranten sonst häufig ganz abstrakt aus der Sicht der Bürokratie und der Demoskopie. Das erinnert an die Asylberichterstattung zu Beginn der Neunzigerjahre, als die Zahl der Flüchtlinge hierzulande nach dem Zusammenbruch der politischen Systeme in Osteuropa stark zunahm. Eine damals an der Universität Eichstätt durchgeführte Inhaltsanalyse ergab, dass die untersuchten Tageszeitungen konfliktträchtige Themen gegenüber positiven Aspekten des multikulturellen Zusammenlebens deutlich bevorzugten. Mehr als zwei Drittel der Artikel stellten die Flüchtlinge als amorphe Masse dar; als Personen traten sie kaum in Erscheinung. Asylbewerber wurden in der Berichterstattung vorwiegend als Objekt und als Adressat administrativer Entscheidungen dargestellt - sie selbst kamen in den Zeitungen fast nie zu Wort.

Umso erfreulicher ist, dass die Süddeutsche Zeitung mit der genannten Kolumne den Alltagserfahrungen und der individuellen Sicht von Betroffenen regelmäßig Platz einräumt. Die Lektüre dieser Beiträge ist manchmal amüsant, immer aber lehrreich. Prof. Dr. Walter Hömberg, München

Fundamental areligiös

"Wir sind die Hautevolee, wir haben den geistigen Überschmäh." So etwa klingt mir die Selbsteinschätzung der Macher und Gäste des Karfreitagstanz-Events "Heidenspaß", über den die SZ mit wohltuend skeptischen Fragezeichen in und zwischen den Zeilen berichtet ("Völlig unernst, ganz im Ernst" vom 15./16./17. April). Unglaublich, wie fundamentalistisch bekennende Areligiöse agitieren können! Vollmundig verwehren sie der Religion, sich in die freie Gestaltung "ihres" Karfreitags einzumischen - übersehen dabei gerne, dass dieser Tag ausschließlich aus religiösen Gründen arbeitsfrei ist. Hoffentlich bleibt es all jenen, die an diesem christlichen Trauertag unbedingt tanzen müssen, erspart, einmal persönlich nahe Trauer zu tragen, die der Stille bedarf - und die keinen Tanz in der Nachbarschaft verträgt. Und warum bitte muss man als freier Geist den Karfreitag unbedingt mit sinnigen Kondomen garnieren? Wer so "freie Liebe für freie Geister" postuliert, verwechselt nur Sex mit Liebe und ahnt nicht, wie stark Liebe sich in Bindung entfaltet. O Gott, Ihr freien Geister in der religionsfreien Zone, wie artikuliert Ihr Euch ärgerlich dumm. Peter Maicher, Zorneding

Druck gab's schon immer

Im Beitrag "Überfordert vom permanenten Druck" (19. April) wird berichtet, dass drei (!) Forschungsprojekte begonnen wurden, um festzustellen, wieso 28 Prozent der Studienanfänger ihr Bachelor-Studium abbrechen. Die Wirtschaftswissenschaftlerin Yvette Hofmann macht dafür in erster Linie den psychischen Druck, der im Studium ausgeübt werde, verantwortlich. Diesen Druck gab es schon immer. Mit ihm mussten auch frühere Generationen von Studierenden fertig werden. Was aber hier völlig außer acht gelassen wird, ist die Tatsache, dass eben immer mehr jungen Menschen eine Studienberechtigung verliehen wird, mit der jedoch häufig nicht die entsprechende Studierfähigkeit einhergeht. Einfacher gesagt: Es studieren mittlerweile sehr viele, die nicht für ein Studium geeignet sind. Als Lehrer mit 25 Jahren Berufserfahrung erstaunt es einen immer wieder, mit welch geringen Fertigkeiten und Kenntnissen man heutzutage eine Hochschulzugangsberechtigung erwerben kann. Viele Lehrkräfte scheuen aber schlechte Noten, um leidige Diskussionen mit Eltern und Schülern zu vermeiden. Man verlagert so das Problem an die Hochschulen. Christian Heilmann, Deggendorf

© SZ vom 02.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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