Weinviertel im Viertel:Wein vom Nachbarn

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Das Weinviertel nördlich von Österreichs Hauptstadt ist zu Besuch in Münchner Restaurants

Von Franz Kotteder

Manchmal muss jemand von außerhalb kommen, um einem zu zeigen, was es alles so Besonderes gibt in der eigenen Stadt. In diesem Fall ist es Ulrike Hager aus dem österreichischen Weinviertel nördlich von Wien. Hager hat die Aufgabe, dieses größte Anbaugebiet Österreichs bekannter zu machen, und sie tut das zum Beispiel, indem sie in einer Stadt wie München Lokale und Weinhändler dazu bringt, die Erzeugnisse der Winzer anzubieten. Dafür eignen sich natürlich besonders Lokale, die Österreichisches auf der Karte haben, aber nicht nur solche. Und wenn es Frau Hager gelingt, Wirte, Küchenchefs und Händler für die Erzeugnisse des Weinviertels zu begeistern, dann stellt sie ihnen einen orangefarbenen Liegestuhl vor die Tür.

Der weist hin auf die Aktion "Weinviertel in deinem Viertel", die in diesem Jahr bis zum 30. Juni in 16 Restaurants und 21 Weinhandlungen im gesamten Stadtgebiet läuft (ausführliche Infos: www.weinviertel-in-deinem-viertel.de). Wie man sich das genau vorzustellen hat, das erläuterten Ulrike Hager und der Münchner Foodblogger Harald Scholl ( www.tellerschubser.de) bei einem Rundgang durch Lokale der Innenstadt.

Spezialisten für Wein aus dem größten Anbaugebiet Österreichs: Foodblogger Harald Scholl und Ulrike Hager, Repräsentantin für die Winzer des Weinviertels auf Promotions- und Verkostungstour in München. (Foto: Robert Haas)

Der zentralste Österreicher der Altstadt, wenn man so will, ist ausgerechnet ein Steakhaus, das man nicht so ohne weiteres mit dem Nachbarn auf der anderen Seite der Alpen in Verbindung bringen würde. Im El Gaucho am Viktualienmarkt gibt es nämlich vornehmlich Fleisch vom argentinischen Black-Angus-Rind oder Dry-Aged-Beef aus Bayern. Immerhin: Das Tomahawk-Steak stammt vom Duroc-Schwein aus der Steiermark. Dort kommt auch der Inhaber der Steakhauskette her: Franz Grossauer, zu Hause bekannt als "Schnitzelkönig von Graz". Er hat mit seiner Familie ein schönes Gastro-Imperium in Österreich mit einem Ableger in München "geschupft", wie man bei ihm daheim so sagt. In Graz führt er auch ein Lokal namens Winzerhaus, und so ist es nicht verwunderlich, dass der bei der Weinviertelaktion dabei ist. David Pantzer, Sommelier des Münchner El Gaucho, setzt ohnehin gern Weine aus diesem Anbaugebiet ein. Er findet, Weißweine passen gut zu Rindfleisch. Der Wiener Gemischte Satz vom Weingut Roman Josef Pfaffl etwa. Gemischter Satz, das sind Weine aus verschiedenen Rebsorten, die man früher gerne gemischt angebaut hat. "Das hat das Risiko minimiert", weiß der Weinkenner Scholl, "irgendeine Rebsorte ist ja immer was geworden."

Bekannt ist das Weinviertel aber vor allem für Grünen Veltliner, und wer da mal einen besonderen Tropfen testen will, der möge in die Hackenstraße zu Landersdorfer & Innerhofer gehen. Das ist nach wie vor eines der besten Restaurants mit alpenländisch geprägter Küche, und der gebürtige Osterreicher Robert Innerhofer hat derzeit zwei Grüne Veltliner der Weingüter Setzer und Prechtl von 2015 auf der Karte, die es im Handel praktisch nicht mehr gibt. Der Bayer Johann Landersdorfer in der Küche brät dazu ein grandioses Entrecôte vom Kalb mit Frühlingsgemüse und cremiger Polenta.

Ein Gourmet-Restaurant, in dem es immer schon fast ausschließlich österreichischen Wein gibt: das Broeding in der Schulstraße. (Foto: Stephan Rumpf)

Ein anderes Restaurant mit besserer österreichischer Küche ist die Österia in der Taubenstraße in der Au. Die Weinviertelaktion hätte die Österia eigentlich gar nicht nötig, sie ist ja durch den angeschlossenen Weinladen mit dem hübschen Namen Ösiwein auch für allerlei edle Gewächse aus dem Nachbarland bekannt. Obendrein war der Laden auch noch zuerst da, der Münchner Nickel Fischer, ein gelernter Koch, hat ihn 1993 ums Eck in der Falkenstraße eröffnet. 13 Jahre später kam dann die Vermieterin der damaligen Latinokneipe La Cumbia und meinte, das Lokal würde schließen. Wenn er wolle, könne er die Räume haben, er müsse aber in eineinhalb Stunden Bescheid sagen. Fischer sagte eineinhalb Stunden später Bescheid, und seitdem gibt es die Österia. Dort hat Sommelier Markus Eichhorn immer etwas aus dem Weinviertel auf der Karte. Die beiden Menüs wechseln täglich, das gibt natürlich mannigfaltige Einsatzmöglichkeiten. "Jetzt haben wir bei der Weinbegleitung zu unserem Fünf-Gang-Menü fast täglich mindestens einen Weinviertler dabei", sagt Eichhorn, "zum Beispiel Sauvignon Blanc vom Pollerhof, einen Rosé vom Martinshof, einen Grünen Veltliner natürlich und einen Blauburger Sonnen vom Weingut Norbert Bauer."

Auch das Broeding in der Neuhauser Schulstraße arbeitet immer schon vorwiegend mit Weinen aus Österreich. Zur Aktion gibt es dort vier Weine von den Gütern Ebner Ebenauer und Ingrid Groiss. Und dann gibt es da noch den österreichischsten aller Österreicher in München, den Freisinger Hof in Oberföhring. Manche sagen ja, der Freisinger Hof sei von der Innenstadt fast so weit entfernt wie das Weinviertel selbst, aber das stimmt - na hearst! - selbstverständlich nicht. Insofern lohnt sich ein Ausflug zu den Wirtsleuten Michaela und Karl Wallisch so oder so. Wegen der Wiener Rindfleischküche, die man sonst nirgends in München bekommt. Und natürlich wegen des Grünen und Roten Veltliners, zum Beispiel, von den Weingütern Schuckert und Setzer.

© SZ vom 03.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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