Was übrig blieb:Der Ofen bleibt aus

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Die Tochter des Gründers und ihr Kompagnon sitzen mit ihrer Firma noch in Neufahrn - gebacken wird dort aber nicht mehr. Ihr neuer Nachbar versteht sich auf Gebäudeschäden aller Art

Von Birgit Grundner und Katja Riedel, Neufahrn

Auf dem ehemaligen Müller-Brot-Gelände werden heute keine Semmeln mehr gebacken, sie werden nur noch verkauft, im kleinen Stil: Den Laden, in dem früher vor allem Firmenmitarbeiter eingekauft haben, gibt es immer noch. Wie früher werden dort Brot und Semmeln, Brezen und Gebäck angeboten. Ihre Brotzeit holen sich dort neben den Kunden aus dem Ort derzeit auch die Handwerker, die die einstige Produktionshalle von Müller-Brot in ein attraktives Objekt für neue Mieter verwandeln sollen. Erste Verträge sind schon unter Dach und Fach. Die Bayerische Staatsoper zum Beispiel will ein Lager einrichten, weitere Gespräche laufen.

Einen Teil des Gebäudes auf dem Gelände von Müller-Brot hat Evi Müller mit ihrer Firma Höflinger Müller GmbH gemietet. (Foto: Marc Müller/dpa)

Nach der Insolvenz von Müller-Brot hatte die JMH Immobilien Projekt GmbH das 54 000 Quadratmeter große Areal von der Insolvenzverwaltung gekauft. Die versucht, aus den Immobilienerlösen zumindest einen Teil der Forderungen mehr als 80 Millionen Euro an die Gläubiger zurückzuzahlen, die durch die Müller-Brot-Pleite finanziellen Schaden erlitten haben. Insolvenzverwalter Ampferl hatte deshalb auch den betagten Maschinenpark der ehemaligen Großbäckerei auf Vordermann bringen und im Internet versteigern lassen. Kartonaufrichter für Faltschachteln, die Gärkammern und Überzugmaschinen kamen unter den Hammer, und zwar im Gebrauchtmaschinen-Auktionshaus NetBid. Wie hoch der Erlös war, wollte Ampferl damals nicht sagen.

Die Silos von Müller-Brot in Neufahrn sind inzwischen abgerissen. Auf dem Firmengelände ist ein repräsentativer Geschäftsbau entstanden. (Foto: Frank Leonhardt/dpa)

Das war auch der Abschied von der Idee, dass bei Müller-Brot wieder gebacken wird. Weil die Kontrolleure weiterhin ein strenges Auge darauf hatten und potenzielle Investoren aus der Branche sich scheuten, das komplizierte Erbe anzutreten. Die Tochter des Müller-Brot-Gründers, Evi Müller, und ihr Kompagnon Franz Höflinger hatten im April 2012, zwei Monate nach der Insolvenz der Großbäckerei, die Markenrechte sowie das Filialnetz gekauft, 149 von 243 ehemaligen Müller-Brot-Filialen hatten sie übernommen. Und sie hatten ursprünglich geplant, die gesamte Fabrik weiterzuführen und selbst dort zu backen. Verhandlungen darüber scheiterten jedoch, so dass Müller-Höflinger bis heute zwar das Logo in abgewandelter Form benutzt, um auf die Familientradition hinzuweisen. Die Produkte, die heute in den Filialen verkauft werden, haben damit jedoch nichts mehr zu tun; sie stammen von befreundeten Bäckern. Auch die Wiesnbrezn lässt Evi Müller anderswo backen.

In Neufahrn aber sitzt weiterhin ihre Firmenzentrale. Verwaltung, Logistik und Versand mit etwa 100 Mitarbeitern sind hier konzentriert. Von dort aus werden pro Werktag knapp 30 Touren gefahren und Filialen mit Waren beliefert. Für die Kommissionierung hat das Unternehmen mehrere Tausend Quadratmeter auf dem einstigen Produktionsgelände angemietet.

Beim jetzigen Eigentümer, der JMH Immobilien Projekt GmbH, engagieren sich der Donaueschinger Projektentwickler Joachim Häring und dessen Sohn Maximilian sowie die Investoren Jörg Vogg und Bernhard Dingler, sie sind Erbpachtgeber für einen Teil des Geländes. Das gesamte Grundstück umfasst neben der früheren Backfabrik auch die einstigen Verwaltungsgebäude von Müller-Brot und der Tochterfirma "Backwelt". Daraus ist inzwischen ein rundum erneuerter, repräsentativer Geschäftsbau geworden, den sich als Mieter nun die Höflinger Müller GmbH und die Firma Belfor teilen. Diese ist spezialisiert auf die Sanierung von Brand-, Wasser- und Sturmschäden in Industrieanlagen, gewerblichen Gebäuden und Privathaushalten. Sitz des Unternehmens ist Duisburg. Das technische Kompetenzzentrum ist im Frühjahr mit 40 Mitarbeitern von Ismaning nach Neufahrn umgezogen, um dort Mitarbeiter und Kunden zu schulen.

© SZ vom 31.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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