Wahlparty:Unheimlich zuversichtlich

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Zwischen Erleichterung und Zuversicht: Fans von Macron freuen sich im 4Youth Hostel über das Ergebnis. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Bewegung "En Marche!" des Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron gibt es auch in München. In einem Hostel nahe dem Hauptbahnhof feiert sie das Ergebnis der ersten Runde

Von Jean-Marie Magro

Es ist keine wirkliche Anspannung zu spüren. Eher Zuversicht. Im Souterrain eines Hostels neben dem Münchner Hauptbahnhof treffen sich die Mitglieder der Bewegung Emmanuel Macrons "En Marche!" (EM). "Fünf, vier, drei ...", zählen die Marcheurs runter. Dann kommt die erste Prognose: Etwa 30 lachende Gesichter blicken auf die Leinwand. Es wird geklatscht. "Ohlala", "Bravo" oder "Incroyable" rufen einige. Doch niemand verfällt in Ekstase. Erleichtert trifft es wohl am besten. Der Pragmatismus, für den Macron steht, schlägt sich auch im Jubel nieder. Nur Clémence Billot lehnt sich etwas weiter aus dem Fenster: "L'Europe revient", Europa kehrt zurück, sagt die Animateurin von EM in Bayern. Bei der Bewegung, die gerade einmal vor einem Jahr gegründet wurde, gibt es keine Ortsvereins- oder Landesvorsitzenden, sondern Animateure. Billot, eine 30-jährige Juristin aus der Bretagne, ist stolz - und müde. Seit Monaten organisiert sie Veranstaltungen, knüpft Kontakte zu Medien und wirbt Mitglieder, 70 sind es in München. "Das ist eine Revolution", sagt sie über das Ergebnis, die Augenlider zusammengekniffen. "Niemand glaubte an uns. Wir waren eine Seifenblase, die schon bald platzen würde. Das ist der Gegenbeweis."

Nach nur einem Jahr hat die Bewegung des ehemaligen Wirtschafts- und Finanzministers fast eine Viertelmillion Mitglieder. Wobei diese Zahl in Relation gesetzt werden muss: Um ein Mitglied von EM zu werden, benötigt es keines Mitgliedsbeitrags. "Wie ein Meteor" habe Macron in das französische Parteiensystem eingeschlagen, sagt Stéphane Wakeford, Consultant bei Allianz und einer der Wortführer bei EM in München. "Sozialisten und Republikaner sind nicht in der zweiten Runde vertreten. Nichts wird mehr so sein wie zuvor", sagt er. Nun gelte es, sich zwei Wochen noch einmal zusammen zu nehmen, die letzten Unklarheiten des Programms zu erklären.

Gerade im Ausland hat Macron ein großes Stimmenpotenzial. 1,2 Millionen Franzosen sind außerhalb des Hexagons stimmberechtigt, etwa 11 000 in München. An der Französischen Schule, dem Lycée Jean Renoir in der Ungsteiner Straße in Giesing, mussten die Wahlberechtigten teils über zwei Stunden warten, um ihre Stimme abgeben zu können. Die Verzögerungen wurden unter anderem damit erklärt, dass wegen der Angst vor Hackerangriffen keine elektronische Abstimmung möglich war. "On est boosté", sagt Wakeford. Wir haben den nötigen Auftrieb. Auch Billot ist sich sicher, dass sie die letzten zwei Wochen "Vollgas geben" kann. Sie habe Vertrauen. In Macron, in die Sache, und in ihre Landsleute. "In den nächsten zwei Wochen werden wir die Stunden unseres Engagements nicht mehr zählen. Wir werden den Kampf für Europa weiterführen", sagt sie. Die Augen sind nun wieder ganz wach.

© SZ vom 24.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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