Wahlkreis München-Ost:Im Osten 'ne Neue

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Margarete Bause will für die Grünen in den Bundestag - sie nominieren ihre prominente Frontfrau nur mit einem mäßigen Ergebnis. Entscheidend ist für alle Kandidaten aber ohnehin ihr Platz auf der Liste. Da dürfte es unter den Münchnern ein Hauen und Stechen geben

Von Dominik Hutter

Zum Schluss ihrer Bewerbungsrede gibt sich die Kandidatin betont locker. "Ich freue mich auf einen fetzigen gemeinsamen Wahlkampf", sagt Margarete Bause in die überschaubare Runde hinein, die im Nebenzimmer der "Echardinger Einkehr" in Berg am Laim Schweinshaxn, Käsespätzle und Kräuterfrischkäse verzehrt. Der Satz passt zu der Frau mit den auffallend rotgelockten Haaren: Die gebürtige Wertheimerin verkörpert in ihrer Partei das locker Urbane, das Weltoffene. Die Grünen stünden nicht nur für Ökologie, sondern auch für die individuelle Selbstbestimmung, wird sie kurz später sagen, als ein parteibekannter Vielfrager ihr Aussagen gegen ein weiteres Wachstum der Stadt München abnötigen will. Bause reagiert souverän, erinnert an ihren eigenen Zuzug vor vielen Jahren und daran, dass es die Bewegungsfreiheit der Bürger zu erhalten gelte. Profi-Argumente. Auf alles eine Antwort, ohne sich beim Fragenden anzubiedern.

Überraschend ist das nicht. Die Grünen im Münchner Osten ziehen mit einem der bekanntesten Gesichter der Partei, mit einem politischen Schwergewicht in den Bundestagswahlkampf 2017. Die 57-Jährige leitet seit 2003 die Landtagsfraktion der Grünen, erstmals wurde sie 1986 ins Maximilianeum gewählt. Bei einer Partei wie den Grünen ist das Fluch und Segen zugleich. Segen, weil wohl niemandem im Saal entgangen ist, dass da vorne am Holztisch eine Frau steht, die professionell Politik machen kann. Und Fluch, weil das alte Misstrauen gegen das politische Establishment bis heute in Teilen der Partei zu spüren ist. Offenbar haben einige Mitglieder erst aus der Zeitung von Bauses neuen Ambitionen erfahren. Ihr Ergebnis ist denn auch eher mäßig: Zwölf von 19 Delegierten stimmen an diesem Dienstagabend für die einzige Kandidatin. Drei sind dagegen, vier geben ungültige Stimmzettel ab.

Bause weiß, dass ihr Abschied aus dem Maximilianeum von manchem Parteifreund misstrauisch beäugt wird. Sie habe keineswegs "die Nase voll von der Landespolitik", versichert sie artig. Aber es sei eben spannend, auch einmal über den bayerischen Tellerrand hinauszuschauen. "Die entscheidenden Weichen werden auf der Bundesebene gestellt", betont sie in ihrer Rede. Bause macht keinen Hehl daraus, dass es sie auch persönlich zu einer Veränderung drängt. "Ich finde nicht, dass es eine Strafe ist, in den Bundestag zu wollen", sagt sie. Und fügt einen kleinen Seitenhieb auf den Gegner und dessen aktuelle Berlin-Debatte hinzu: "Anders als bei der CSU."

Wie realistisch ein Wechsel Bauses in die Bundeshauptstadt ist, entscheidet sich aber erst am 9. und 10. Dezember. Dann stellen die bayerischen Grünen ihre Liste auf. Die ist entscheidend, denn bislang haben sie in München noch nie ein Direktmandat errungen - und der Münchner Osten gilt als sichere Bank der CSU. Bause muss in ihrem Wahlkreis gegen zwei amtierende Bundestagsabgeordnete antreten: Wolfgang Stefinger von der CSU und Claudia Tausend von der SPD.

Bauses Chancen auf einen sicheren Listenplatz gelten als gut. Dennoch dürfte es bei der Listenaufstellung ein Hauen und Stechen geben, bei dem die Münchner froh sein können, wenn sie mehr als zwei ihrer insgesamt vier Kandidaten unterbringen. Bei der Wahl 2013 haben es neun bayerische Grüne nach Berlin geschafft - allerdings erzielten die Grünen damals insgesamt ein ziemlich schlechtes Ergebnis. Laut Münchens Grünen-Chef Hermann Brem könnte es ein Problem sein, dass der streng genommen im Landkreis kandidierende Fraktionschef Toni Hofreiter in dem auch bei den Grünen wichtigen Regionalproporz gerne zu den Münchnern gezählt wird. Bei den Grünen gilt es als ausgemachte Sache, dass sich der im Wahlkreis München-West/Mitte kandidierende Dieter Janecek um Listenplatz vier bewirbt. Janecek ist bereits Abgeordneter, der einstige Feinstaubkläger von der Landshuter Allee gilt parteiintern als profiliert, als ideenreich - und als begnadeter Strippenzieher. Er ist allerdings noch nicht einmal nominiert. Die Versammlung findet erst am 24. Oktober statt. Bislang hat Janecek keinen Gegenkandidaten. Theoretisch sind Bewerbungen bis kurz vor der Abstimmung möglich. Dies gilt im Falle Janeceks jedoch als eher unwahrscheinlich.

Bause könnte dann für Listenplatz fünf antreten - was die Situation für die bereits amtierende Bundestagsabgeordnete Doris Wagner zur Zitterpartie werden ließe. Wagner kandidiert im Münchner Norden, sie wurde von den Delegierten sogar einstimmig nominiert. In Münchner Parteikreisen gilt es aber als wahrscheinlich, dass neben Janecek vor allem Bause abgesichert wird.

Kaum Chancen auf einen sicheren Listenplatz werden dem grünen Bundestagskandidaten für den Münchner Süden zugerechnet. Dort wird am 19. Oktober gewählt, die Position ist heiß umkämpft: Vier Politik-Neulinge wollen sich in den Wahlkampf wagen. Darunter ist der Sprecher der Grünen Jugend München, Marcel Rohrlack, der als durchaus aussichtsreich gilt. Seine Konkurrenten sind Vaniessa Rashid, René Kaiser und Peter Heilrath. Letzterer ist Favorit für eine Stichwahl mit Rohrlack.

© SZ vom 13.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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