Vorwürfe gegen Manager:Hauptsache verkauft

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In der Dienstwagen-Affäre beim Arbeiter-Samariter-Bund wurde niemand geschädigt - das Image aber ist angeknackst

Von Bernd Kastner

Zurück bleibt ein G'schmäckle, mehr aber auch nicht. Die Diskussion um Hungerlöhne für Auszubildende und die Bestellung und Nutzung von Dienstwagen hat den Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) München-Oberbayern über Jahre beschäftigt, ja, fast zerrissen. Jetzt hat der mit 60 000 Mitgliedern größte ASB-Regionalverband Deutschlands einen Schlussstrich gezogen unter seine vergiftete Vergangenheit, genauer: unter das Agieren der alten Führung.

Der einstige Vorstand des Regionalverbands München-Oberbayern schied im vergangenen Jahr nach heftiger Kritik aus dem Amt, wenig später trennte sich der neue Vorstand vom langjährigen Geschäftsführer. Gegen diesen lief damals ein Strafverfahren, das inzwischen gegen eine Geldauflage eingestellt wurde. Über die Rechtmäßigkeit seines Rauswurfs muss das Arbeitsgericht entscheiden. Inzwischen führt Christian Boehnisch die Geschäfte, er hat langjährige Erfahrung in Sozialorganisationen. Und jetzt hat die ASB-Mitgliederversammlung dem alten Vorstand nach heftiger Diskussion per Beschluss die Entlastung erteilt. Man will Frieden.

Der neue Vorstand unter Führung von Christian Wolf hatte im vergangenen Jahr eine Prüfungskommission eingerichtet, der auch ein Strafrechtler angehörte. Diese durchleuchtete das Handeln der früheren Vorderleute, fand aber nichts strafrechtlich Relevantes, berichteten die internen Kontrolleure Peter Kveton und Michael Wendl. Vor allem die vielen Neuwagen, die offenbar über den ASB angeschafft wurden, hatten unter den "Samaritern" für Diskussionen gesorgt. Die Prüfer fanden heraus, dass ehemalige Vorstandsmitglieder in den Genuss von großzügigen Hersteller-Rabatten gekommen seien. Allein, ein Geschädigter habe sich nicht gefunden: Der ASB nicht, weil die Autos von den Nutzern privat bezahlt wurden, also keine Kosten beim Verband hängen geblieben seien; die Hersteller nicht, weil denen ein billig verkauftes Auto offenbar lieber sei als ein unverkauftes Auto.

Höchstrichterlich beantwortet ist inzwischen die Frage, wie der Arbeiter-Samariter-Bund seine Nachwuchskräfte im Rettungsdienst hätte bezahlen müssen. Die heißen im Branchen-Jargon "Praktikanten", sind de facto aber Auszubildende zum Rettungsassistenten im zweiten Lehrjahr. Als 2012 ruchbar wurde, dass diese Azubis beim ASB München-Oberbayern nur 125 Euro im Monat erhielten, rief dies die Staatsanwaltschaft auf den Plan, zweimal wurden ASB-Büros durchsucht. Der Verdacht nannte sich Vorenthalten von Arbeitsentgelt.

Strafrechtlich blieb an den ASB-Verantwortlichen nichts hängen. Allein, das Image des SPD-nahen ASB, der einst aus der Arbeiterbewegung hervorging, war massiv beschädigt. Eine der Praktikantinnen klagte vor dem Arbeitsgericht auf Nachzahlung ihres Lohnes. In erster Instanz gewann der ASB, vor dem Landesarbeitsgericht obsiegte die Frau: "Unangemessen gering" sei die Vergütung, angemessen wären etwa 1000 Euro, so die Richter. Weil die Frage juristisch so kompliziert und umstritten ist, wollte der ASB Rechtssicherheit und zog vors Bundesarbeitsgericht. Und das entschied jetzt zugunsten der Frau, sie darf sich auf eine Nachzahlung freuen. Ob andere, mit dem Hungerlohn abgespeiste Ex-"Praktikanten" auch rückwirkend Geld bekommen, müsse diskutiert werden, sagt ASB-Vorsitzender Wolf.

© SZ vom 13.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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