Vorwürfe gegen Chefarzt:Polizei durchsucht Münchner Max-Planck-Institut

Lesezeit: 2 min

Das Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München (Foto: dpa)
  • Die Polizei hat das Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München wegen des Verdachts des ärztlichen Abrechnungsbetrugs durchsucht.
  • Es liege eine Anzeige gegen mehrere Personen vor, teilte die Staatsanwaltschaft München mit.

Von Christina Berndt, München

Polizei und Staatsanwaltschaft haben am Mittwochmorgen das Max-Planck-Institut (MPI) für Psychiatrie an der Kraepelinstraße in Schwabing durchsucht. "Es gibt einen Anfangsverdacht auf Abrechnungsbetrug", sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Nach SZ-Informationen prüft die Justiz bereits seit Anfang Januar entsprechende Vorwürfe gegen Martin K., den Chefarzt der Psychiatrischen Klinik, die zum MPI für Psychiatrie gehört. Ob an der Klinik tatsächlich unrechtmäßig abgerechnet wurde, sollen nun die Unterlagen klären, die bei der Durchsuchung gesichert wurden. Der Chefarzt und die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) weisen die Vorwürfe zurück und haben selbst Anzeige erstattet - gegen unbekannt wegen Rufschädigung.

Seit Monaten kursieren die Anschuldigungen in anonymen E-Mails, die nicht nur zahlreiche einflussreiche Persönlichkeiten in der MPG, sondern auch Journalisten und zuletzt die Staatsanwaltschaft erreichten. Deshalb habe die MPG schon 2016 eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beauftragt, die Vorwürfe zu klären: "Sie kam zu dem Ergebnis, dass die aktuelle Abrechnungspraxis keinen Grund zur Beanstandung gibt", teilten die Direktoren des MPI, Elisabeth Binder, Alon Chen und Martin K., am Mittwoch in einer Rundmail an die Belegschaft mit. In der Mail (Betreff: "Die Vorfälle heute") betonen sie auch: "Wir arbeiten eng mit den Behörden zusammen, um eine restlose Aufklärung aller Vorwürfe zu beschleunigen." Wortgleich äußert sich auch die MPG.

Martin K. ist erst seit 2014 Chefarzt der MPI-Klinik. Damals löste er Florian Holsboer ab, der 25 Jahre lang nicht nur die Klinik, sondern in Personalunion auch das MPI geführt hatte. Manche seiner Mitarbeiter waren von dem Neuen, der zuvor in der Schweiz eine Privatklinik geleitet hatte, und den Maßnahmen, die dieser ergriff, offenbar nicht gerade begeistert. Bald schon wurde er mit Vorwürfen überzogen. Es hieß, die Klinik habe Schulden angehäuft, damit der Chefarzt ein üppiges Chefarzthonorar einstreichen könne, und er habe Privatliquidationen in die eigene Tasche gesteckt, ohne seine Assistenz- und Oberärzte durch sogenannte Poolgelder adäquat zu beteiligen.

"Viele Vorwürfe sind wiederkehrend; sie wurden bereits in der Vergangenheit geprüft und haben sich bisher als haltlos erwiesen", betont die MPG. So habe die Klinik gar kein Defizit eingefahren. Auch konnten die Wirtschaftsprüfer "bei der Praxis der Pool-Ausschüttung weder arbeits- noch standesrechtlich ein Fehlverhalten erkennen".

SZ-Dienst
:SZ München-News per WhatsApp, Telegram oder Insta

Wissen, was München bewegt: Der WhatsApp-Kanal der Süddeutschen Zeitung bietet einen schnellen und bequemen Nachrichtenservice für die Stadt. Abonnieren Sie ihn kostenlos.

Die Staatsanwälte prüfen nun unter anderem, ob der Arzt Chefarztbehandlungen abgerechnet hat, die er gar nicht selbst vorgenommen hat, zumal er anfänglich noch viel Zeit an seinem früheren Arbeitsplatz in der Schweiz verbrachte. Allerdings haben Chefärzte hier durchaus einigen Spielraum: Sie dürfen Behandlungen delegieren und sie unter bestimmten Umständen trotzdem als Chefarztbehandlung abrechnen. Nur eine genaue Prüfung kann ergeben, ob zu Unrecht liquidiert wurde.

Noch ein Vorwurf steht derzeit im Raum: So sollen den anonymen Anschuldigungen zufolge auch Gelder aus der Forschung für Klinikzwecke genutzt worden sein. Das wäre Veruntreuung öffentlicher Mittel. Das Bundesforschungsministerium als Zuwendungsgeber hat die MPG in dieser Sache bereits um eine Stellungnahme gebeten. Die MPG betont aber, dass Martin K. nicht nur Klinikchef, sondern auch Leiter einer Forschungsgruppe sei; schon deshalb komme es zu finanziellen Überschneidungen, die aber sauber abgerechnet würden.

© SZ vom 23.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: