Vorschriften bei Werbung:Was geht - und was nicht

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Das Planungsreferat muss auffällige Werbung genehmigen.

Von Alfred Dürr, München

Die Richtlinien für Werbung im Stadtbild sind streng. Großflächige Poster an Baugerüsten vor Hausfassaden müssen genehmigt werden. Der typische Charakter der Innenstadt mit den Monumentalbauten, Bürgerhäusern, den zahlreichen Türmen und Kuppeln, soll für sich wirken und nicht durch schrille, möglicherweise sogar bewegte Reklame überlagert werden. "Die Werbung muss im Rahmen bleiben", sagt Harald Scharrer. Er entscheidet im städtischen Planungsreferat darüber, welche Aktionen erlaubt werden und welche nicht: "Das Verhältnis zwischen Denkmalschutz, Stadtbild und Werbung soll ausgewogen sein." Immer wieder aber sorgt die Kommerzialisierung des öffentlichen Raums für Zündstoff und Kritik von Bürgern und Politikern. Dabei geht es vor allem um folgende Bereiche:

Baugerüste und Fassaden

Im Zuge der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland setzte ein Run von Sportartikelfirmen und anderen Unternehmen auf mögliche Werbeflächen an eingerüsteten Fassaden ein. Der Druck war so groß, dass die Stadt Richtlinien erließ. Diese sind nach wie vor gültig. Die Werbung ist auf maximal neun Monate befristet, sie darf eine bestimmte Größe nicht überschreiten und muss bei denkmalgeschützten Häusern auch noch Platz für eine Visualisierung der Fassade lassen, die gerade renoviert wird. Über die riesige Bikini-Werbung, die an den Baucontainern vor dem Hugendubel-Haus am Marienplatz angebracht war, gab es vor kurzem eine Debatte - wegen des Motives und auch wegen der Größe des Posters. Im Planungsreferat versteht man die Aufregung nicht. Für eine beschränkte Zeit werde dem Stadtraum ja auch etwas Interessantes hinzugefügt, wo ansonsten an der Baustelle vielleicht nur eine gesichtslose Wand zu sehen wäre, sagt Martin Klamt, der Sprecher des Planungsreferats.

Nicht bei jedem kommen solche Stimulationen gut an. Als vor Jahren der Fußballer Franck Ribéry zum FC Bayern gewechselt war, posierte er auf dem riesigen Plakat eines Sportartikelherstellers im Hermelinmantel über dem Trikot an der Fassade der Theatinerkirche. Den Mund zum Schrei geöffnet, die Faust geballt, die Eckfahne, einem Zepter gleich, zum Himmel gereckt. Dazu der Slogan: "Bayern hat wieder einen König." Manche sahen darin eine Geschmacklosigkeit und Verunglimpfung bayerischer Tradition. Seither entwickelt man bei Kirchenfassaden eine besondere Sensibilität. Werbeideen müssen mit dem Staatlichen Bauamt und dem Erzbischöflichen Ordinariat abgestimmt werden.

Bewegte Bilder

Alles, was sich bewegt, erweckt Aufmerksamkeit. Viel mehr als dies statische Plakate tun, verleiten ständig wechselnde Bilder zum Hinschauen. Das will sich die Werbewirtschaft verstärkt zunutze machen. "Wenn wir diese Form der Selbstdarstellung in der Fußgängerzone oder an anderen Stellen zuließen, hätten wir sehr schnell eine ganz andere Stadt", sagt Harald Scharrer. Gerade habe man deshalb den Antrag eines Geschäfts in der Innenstadt abgelehnt. Über zwei Geschosse hinweg sollten auf mehreren Großbildschirmen in rasch wechselnden Sequenzen Produktinformationen transportiert werden. "Da bleiben wir hart", sagt Scharrer, "wir genehmigen es hier nicht und bei anderen Bewerbern auch nicht." Erst vor kurzem gab es großen Streit im Rathaus über Werbeflächen, die an Wartehäuschen für Busse und Bahnen in regelmäßigen Abständen das Motiv ändern. Einerseits will man mit den Einnahmen die Finanzierung neuer Wartehäuschen sowie die Instandhaltung bestehender Haltestellen sichern. Andererseits klagt man über die optische Vermüllung der Stadt. Einigen konnte man sich nicht.

In Schaufenstern der Altstadt sind allerdings Bewegtbilder zu sehen. Der Modeladen Hollister am Färbergraben etwa zeigt über mehrere Stockwerke hinweg einen kalifornischen Strandabschnitt als Live-Video. Das sei keine Werbung, sagt Scharrer, das sei eine ruhige Landschaft. Beim Stammhaus der Münchner Bank gleich neben dem Dom gibt es Filme, die auf die Fensterlaibungen und in den einsehbaren Schalterraum projiziert werden. Auffällig sei das, meint Scharrer, aber nicht zu bemängeln. Hier handele es sich um eine Kunstform. Der Name der Bank tauche bei dieser Performance nirgends auf.

Werbung auf dem Dach

2003 tobte ein langer Streit darüber, ob ein großer Stern auf dem Mercedes-Hochhaus an der Donnersbergerbrücke das Stadtbild verschandeln würde. Erst das Gericht erlaubte den Werbeaufbau auf dem Dach. Eine Präzedenzfall-Wirkung hatte das nicht. Nachfragen nach auffälligen Standorten für Werbung auf Hochhäusern gebe es kaum, sagt Scharrer. Die Werbewirtschaft akzeptiere, dass die Bewahrung der traditionelle Silhouette Münchens ein wichtiges Gut sei.

© SZ vom 22.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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