Vorfahrt für Züge:Ganz schön beschränkt

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Umbau des Übergangs Fasanerie lässt auf sich warten

Von Simon Schramm, München

Man muss nicht unbedingt in der Fasanerie wohnen, um die Stelle zu kennen. Es kann gut sein, dass man bei einer Autofahrt aus dem Münchner Norden schon einmal vor der geschlossenen Bahnschranke am Bahnhof Fasanerie stand ist und abwarten musste, bis S-Bahn, Güterzug oder Regionalverkehr vorbeigerast sind. Zähes Vorankommen und Stau an diesem Bahnübergang gehören zur täglichen Routine: Die Trasse der S 1 läuft quer durchs Viertel und teilt es in zwei Hälften, am Bahnhof laufen die Hauptverkehrsachsen zusammen. Manche Schätzung geht davon aus, dass der Übergang an bis zu 30 Minuten in der Stunde geschlossen ist. Vor allem zu Stoßzeiten reicht der Stau vor der Schranke bis in das Viertel hinein; wenn dann die letzten Autos in der Schlange losfahren und den Übergang erreichen, müssen sie manchmal erneut vor geschlossener Schranke stoppen.

Die Bürger fordern seit Jahrzehnten, diesen Zustand zu ändern. Nach jahrelangen Diskussionen, vielen Runden Tischen, Machbarkeitsstudien und politischen Sondersitzungen ist das Vorhaben, den Bahnübergang in der Fasanerie zu beseitigen, im vergangenen Jahr endlich konkret geworden. Die Stadt hat die Bürger bei zwei Workshops in die Planung eingebunden. Das Ergebnis: Die Hauptroute der Autos soll nach Süden verlagert und der heutige Übergang durch eine Unterführung für Fußgänger und Radfahrer ersetzt werden. Bis der tägliche Stauwahnsinn ein Ende hat, wird es trotzdem noch dauern: Bahn und Stadt stimmen sich derzeit erst in der Vorplanung ab. Aus dem Baureferat war bisher zu hören, dass der Umbau nicht vor 2020 beginnen werde. Wie hoch die Kosten für die Neugestaltung ausfallen werden, ist deshalb noch nicht klar. Auch müssen dann noch Stadtrat und Eisenbahnbundesamt das Projekt abnicken. Dass Bahn und Stadt sich nun zumindest ein greifbares Ziel gesetzt haben, muss man dennoch als Fortschritt werten.

Die ewig anmutende Debatte drehte sich unter anderem um die Frage, ob nicht gleich die ganze Bahnstrecke in der Fasanerie untertunnelt werden sollte; Bürger aus dem Viertel machen sich für diese Lösung immer noch stark, auf dass die Fasanerie endlich zu einer großen Wohnsiedlung zusammenwachse. Die Stadt hat diese Idee verworfen, weil sie dabei die Kosten nicht mit Bund und Band teilen kann. Es bleibt beim Traum von der vereinten Fasanerie. In der Einwohnerschaft ist die aktuelle Planung zum Teil umstritten, auch weil einige Bürger fürchten, dass sich das Stauproblem nur verlagert; die Verkehrsplaner geben sich zuversichtlich, dass dem nicht so sein werde. Vielmehr erhofft sich die Stadt, dass sich mit der Beseitigung der Bahnschranken der Verkehr im Viertel reduziert.

Auch der Wunsch einiger Bürger, dass nahe der Tunnelquerung eine Art neue Ortsmitte entsteht, hat sich bei der Bürgerbeteiligung zerschlagen. Nach dem Abriss des Bahnübergangs bleibt dafür doch nicht ausreichend Raum übrig. Wie das Areal mit der neuen Unterführung neben dem Bahnhof einmal in etwa aussehen soll, lässt sich am ehesten mit der Münchner Freiheit vergleichen: breites, offenes Format, barrierefrei, vielleicht ein Kiosk, mehrere Spuren für Fußgänger und Radfahrer, dazwischen Grünbepflanzung und Tableaus zum Abhängen oder für Flohmarkt-Stände. Grund genug für einen Anwohner, sich beim Workshop zu dem Kompliment "städtebauliches Juwel" hinreißen zu lassen.

© SZ vom 03.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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