Verkehrsdebatte:Auf Spuren-Suche

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In München wird für Radler viel zu wenig getan. Darin sind sich die Radlobbyisten von ADFC, Bund Naturschutz und den Grünen einig. (Foto: Stephan Rumpf)

Kritiker sind sich einig: Für Radfahrer verbessert sich im städtischen Verkehr zu wenig

Von Andreas Schubert

Eine Fachtagung zum Thema Radeln abzuhalten, wenn die Straßen voller Schnee und Eis sind, ist vielleicht ganz passend. So merkt man gleich, wer die wirklich überzeugten Radler sind - und man findet sie auf eben dieser Tagung. Florian Paul, der Radverkehrsbeauftragte der Stadt München, ist so ein Winterradler, dem ein paar Flocken nichts ausmachen. Oder Andreas Groh, Münchner Vizevorsitzender des Fahrradklubs ADFC. Oder Martin Hänsel, der stellvertretende Geschäftsführer des Bundes Naturschutz München. Menschen wie diese kennen die Bedürfnisse der Radfahrer. Und so wie es Hänsel sieht, geht die städtische Politik an diesen Bedürfnissen vorbei. "Radlhauptstadt München? Wo wollen wir 2030 stehen?" war der Titel der Diskussion, zu der der Bund Naturschutz (BN) am Dienstag ins Werksviertel geladen hatte. Und der Tenor der Diskussionsrunde war nicht überraschend: Es tut sich für die Radler viel zu wenig. Martin Hänsel etwa ist der Auffassung, dass die Entscheider im Rathaus gar nicht wissen, was die Radler überhaupt brauchen. Da gibt es die, die jeden Tag zur Arbeit fahren und dabei ziemlich schnell unterwegs sind. Die vermissen zum Beispiel übersichtliche Kreuzungen, über die man als Radler sicher und gleichzeitig zügig fahren kann. Andreas Groh vom ADFC sieht bei den Kreuzungen ebenso noch viel Verbesserungspotenzial und mahnt gleich noch an, den Winterdienst zu verbessern. Florian Paul, der als Fahrradbeauftragter Koordinator zwischen den mit Verkehr betrauten städtischen Referaten ist, räumt ein, dass es schon länger keine größere Maßnahme zugunsten des Radverkehrs mehr gegeben habe, wie etwa an der Kapuzinerstraße, wo 2013 neue Radstreifen eingerichtet und dafür Autospuren gestrichen wurden. Aber kleinere Maßnahmen gebe es durchaus viele. Dazu gehören rote Markierungen von Radspuren an Kreuzungen oder auch einige neue Radspuren auf Straßen. Doch nach Ansicht der Radlobbyisten von ADFC, BN oder den Grünen zeigt die Stadtpolitik zu wenig Mut. So fordert Andreas Groh, doch einfach einen Radstreifen auf der Lindwurmstraße einzurichten und den Autos Spuren wegzunehmen, "und fertig".

Doch so einfach ist das nicht in einer Stadt wie München, wie Florian Paul in den vergangenen zehn Monaten, seit er seinen Posten hat, lernen musste. "Es gibt in der Stadt 800 000 Autos, dem muss man auch Rechnung tragen." Es gebe zudem auch den ÖPNV und Fußgänger, also gelte es, Kompromisse für die einzelnen Arten von Verkehrsteilnehmer zu finden. Gleichwohl wünscht sich der Verwaltungsmensch Paul, dass politische Entscheidungen zugunsten des Radverkehrs deutlich schneller gefasst werden müssten. Sein Ziel: Den Anteil des Fahrrads am Gesamtverkehr auf bis zu 30 Prozent zu steigern. Dazu brauche es nach seiner Ansicht aber ein Umdenken in der Politik. "Die Politiker glauben, wenn sie etwas gegen den Autoverkehr beschließen, werden sie abgewählt", sagt er. "Ich glaube, wenn sie etwas für den Radverkehr tun, werden sie gewählt."

© SZ vom 22.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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