Verkauf von Supermarktkette:Ratlose Tengelmann-Mitarbeiter

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Edeka will Tengelmann kaufen - in München hat die Kette besonders viele Filialen. (Foto: Stephan Rumpf)
  • Die Eigentümer der Supermarktkette Tengelmann wollen verkaufen - nach wie vor ist nicht klar, an wen. Eine Übernahme durch Edeka hat das Kartellamt zunächst verboten.
  • Am begehrtesten sind die Filialen in München und Umgebung.
  • Die Tengelmann-Mitarbeiter sind gegen Edeka als Käufer. Sie befürchten, ihre Tarifbedingungen zu verlieren.

Von Katja Riedel, München

Der Tag hätte Klarheit bringen sollen, eigentlich. 120 Münchner Tengelmann-Filialen hatten deshalb halbtags geschlossen. Doch am Ende blieben die 2700 südbayerischen Tengelmann-Mitarbeiter, die sich in Unterschleißheim zur Betriebsversammlung getroffen hatten, ähnlich ratlos wie zuvor.

Denn ob das Unternehmen, für das sie arbeiten, nun wie geplant zum 1. Juli ganz oder zumindest in Teilen an Edeka verkauft wird, im Paket an einen anderen Konkurrenten geht oder zerschlagen wird - all das ließ die Tengelmann-Geschäftsleitung offen, berichteten Teilnehmer. Sicher ist nur: Die Eigentümerfamilie Haub hält daran fest, aus dem Lebensmittelhandel auszusteigen und sich von 451 Filialen und knapp 16 000 Mitarbeitern deutschlandweit trennen zu wollen.

Bedenken des Kartellamts
:Tengelmann-Übernahme droht zu scheitern

Kauft Edeka die Tengelmann-Supermärkte, könnte das den Wettbewerb in einigen Gebieten einschränken, fürchtet das Kartellamt. Die Behörde will die Fusion deshalb offenbar stoppen.

193 dieser Filialen stehen in München und dem Umland - so viele wie nirgendwo sonst in Deutschland. Und sie sind, anders als die Läden in der Region Nordrhein und in Berlin, immer noch profitabel, trotz der immer stärkeren Konzentration auf wenige große Anbieter, die mit einer starken Einkaufsmacht die Preise drücken.

Begehrte Innenstadtlage statt grüne Wiese

Tengelmann hat zuletzt auf ein eigenes, althergebrachtes Konzept gesetzt: Die vergleichsweise eher kleinen Flächen zwischen 160 und maximal 2000 Quadratmetern stehen nicht auf der grünen Wiese, sondern in begehrten Innenstadtlagen. Die Filialen sind Nahversorger, bei denen die Kunden auch zu Fuß einkaufen gehen können. Solche Ladenflächen sind in München generell begehrt. Ein größerer Teil dieser Immobilien sollen der Unternehmensgruppe Tengelmann selbst gehören. Zum Verkaufspaket gehörten aber wohl bisher nicht die Immobilien selbst.

Im Oktober hatten die Tengelmann-Eigentümer angekündigt, alle Lebensmittelläden an Edeka zu verkaufen, die Details des Vertrages kennen allerdings nicht einmal die Aufsichtsräte. Derzeit ist der Verkauf gestoppt: Das Bundeskartellamt hat die Übernahme zunächst verboten. Ein Kompromissvorschlag wurde eingereicht: mit 41 Filialen weniger im Paket, 25 davon in der Region München, 16 in Berlin. Am 7. April soll das Kartellamt nun verkünden, ob dieser Kompromiss etwas an dem Veto ändert.

Doch den Mitarbeitervertretern wäre ein Einspruch des Kartellamts gerade recht: "Wir sind darüber nicht traurig", sagt der Münchner Betriebsratschef Manfred Schick. Denn Edeka ist alles andere als der Lieblingskäufer der Mitarbeitervertreter. Edeka plant nämlich, die Filialen nicht unter die Regie des Verbunds zu stellen, sondern in die Hände einzelner selbständiger Kaufleute zu legen. Dies hieße, dass die Mitarbeiter ihre angestammten Tarifbedingungen und das Recht auf eine Mitarbeitervertretung verlieren würden.

Rewe soll nicht abgeneigt sein

Betriebsratschef Schick, der auch im Aufsichtsrat sitzt, würde darum eine andere Lösung vorziehen: Die lukrativen südbayerischen Filialen könnten aus dem Angebot herausgenommen und als eigenes Paket an einen anderen Interessenten verkauft werden. Die Rewe-Gruppe etwa soll nicht abgeneigt sein, doch auch hier könnten die Wettbewerbshüter Bedenken haben vor einer zu großen Marktkonzentration.

Bessere Aussichten hätte womöglich ein neuer Anbieter auf dem Münchner Einzelhandelsmarkt. Etwa die Schweizer Migros-Gruppe: Bisher ist sie nur in Nordbayern und Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Stuttgart vertreten. 2012 hatte sie mehr als 290 Filialen der Kette Tegut übernommen. Diese Supermärkte setzen stark auf regionale Waren und auf Bioprodukte. Im südbayerischen Raum könnten diese Märkte gut laufen, glaubt Manfred Schick. "Wir brauchen eine Strategie, wie es weitergeht", fordert er, sonst drohe ein jahrelanger Streit mit dem Kartellamt.

Tengelmann-Übernahme
:Jeder Supermarkt lohnt sich

Was passiert mit den Tengelmann-Supermärkten um die Ecke, wenn Edeka sie kauft? Manche wechseln wohl ihre Farbe, andere die Billigmarke. Dass sie ganz verschwinden, kann sich München eigentlich nicht leisten.

Von Anant Agarwala

Eine Paketlösung mit einem Interessenten wie Migros stieße auch bei der Gewerkschaft Verdi auf Sympathien. Georg Wäsler, der für den Handel zuständig ist, fürchtet, dass sonst am Ende eine Zerschlagung des Unternehmens droht, ein Verkauf einzelner profitabler Filialen. Einen symbolischen Tengelmann-Sarg haben Mitarbeiter kürzlich schon durch Schwabing getragen, in die Leopoldstraße. Dort hatte Tengelmann 1953 seinen ersten Selbstbedienungs-Supermarkt in Deutschland eröffnet.

© SZ vom 13.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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