Verantwortlich für 1200 Kilometer Autobahn:Auf die Überholspur

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Unterhalt und Ausbau: Wolfgang Wüst plant viele Projekte. (Foto: Robert Haas)

Wolfgang Wüst, neuer Chef der Autobahndirektion Südbayern, kann viel Geld verbauen

Von Marco Völklein, München

Welche Erfahrungen wird er wohl mitnehmen in sein neues Amt, wird Wolfgang Wüst gefragt. Der 53-Jährige überlegt nicht lange, die Antwort kommt ohne Umschweife. "Die Anliegen der Bürger", sagt der neue Chef der Autobahndirektion Südbayern, die müsse man ernst nehmen. "Wir sind Dienstleister der Bürger", führt Wüst dann noch aus. "Uns gehört nicht die Straße, die Straße gehört den Bürgern." Genau das habe er gelernt in den vergangenen gut 20 Jahren in der Straßenbauverwaltung des Freistaats. Und genau diese Erkenntnis nehme er nun mit in sein neues Amt, in das er am Montag bei einem Festakt in München eingeführt wird. Sein Vorgänger Paul Lichtenwald wird dann in den Ruhestand verabschiedet.

Die Autobahndirektion Südbayern ist zuständig für fast 1200 Kilometer Autobahnen; das Netz zieht sich von Neu-Ulm im Westen bis Passau im Osten, von Kufstein im Süden bis Regensburg im Norden. Wüst verantwortet dabei nicht nur den Unterhalt dieser Strecken, vielmehr muss er auch den geplanten Ausbau bestehender Trassen vorantreiben und den Bau neuer Strecken. Und genau da wird ihm sein Vorsatz, die Anliegen der Bürger berücksichtigen zu wollen, wohl als erstes einholen.

Zahlreiche Projekte sind geplant: Die B 15 neu zum Beispiel zwischen Landshut und Rosenheim - die nur dem Namen nach eine Bundesstraße sein wird, mit ihren geplanten Dimensionen aber an eine Autobahn heranreichen wird. Auf dem Westabschnitt der A 99 ist ein Ausbau auf acht Fahrstreifen geplant, auch die A 92 soll in Teilen auf sechs Fahrspuren erweitert werden. All diese Projekte sind bei den Anwohnern wenig geliebt; wer rund um Dorfen unterwegs ist, der trifft auf Schilder an Häusern und Scheunen mit Anti-Neubau-Parolen: "Stoppt B 15 neu".

Wüst wird sich als oberster Autobahnplaner damit auseinandersetzen müssen. Aber er kennt das. Während seiner Laufbahn hat er unter anderem die Abteilung Planung und Bau der Autobahndirektion geleitet, außerdem war er bei Straßenbauämtern in Weiden und in Regensburg tätig. "Da kriegt man unmittelbar mit, was die Bürger bewegt", sagt Wüst. In Bürgerversammlungen musste er Antworten geben, Kommunalpolitikern Projekte erläutern. Er mag das, sagt Wüst. "Man behält den Bezug zur Realität. Und man sieht stets auch die politische Bedeutung eines Projekts."

Zumal dem neuen Präsidenten der Autobahndirektion derzeit viel Geld zur Verfügung steht. 500 Millionen Euro pro Jahr können er und seine Ingenieure verbauen. "Unsere Finanzmittelausstattung war noch nie so gut wie jetzt", sagt Wüst. Tatsächlich haben die Politiker im Bund wie im Freistaat erkannt, dass die Autobahnen, Straßen und Brücken in die Jahre gekommen sind - und nun viel Geld in den Erhalt fließen muss, damit nicht eines Tages alles wegbröckelt unter der Last des Verkehrs. Die Autofahrer werden das zu spüren bekommen: zahlreiche Baustellen werden in den kommenden Jahren die Autofahrer einige Nerven kosten.

Aber auch da will der neue Chef über die Autobahnen vor allem Dienstleister der Bürger sein. Wer eine Baustelle organisiere, der dürfe "nicht nur das rein Technische im Blick haben", sagt Wüst. Bei Baustellen auf hoch belasteten Strecken, wie zuletzt an der A 9, soll möglichst rund um die Uhr gewerkelt werden, auch wenn das die Kosten nach oben treibt. Und trickreiche Lösungen, wie etwa eine Wechselverkehrsregelung bei den Brückensanierungen auf der Starnberger Autobahn, "gefallen mir als Autofahrer sehr gut". Solche Ideen will er fördern in seinem neuen Amt.

Zugleich allerdings wird er seinen Leuten mehr auf die Finger schauen müssen. Zuletzt waren bei zwei Großprojekten, dem Bau der B 15 neu nördlich von Landshut sowie beim Umbau der Anschlussstelle Aschheim/Ismaning, die Kosten explodiert - die B 15 neu bei Landshut etwa wird doppelt so teuer als ursprünglich geplant. "So etwas trifft mich in meiner Ehre als Ingenieur", sagt Wüst. "Da müssen wir besser werden." Zugleich allerdings äußert er auch Verständnis für die Planer. Einige Kosten ließen sich zu einem bestimmten, frühen Planungszeitpunkt noch nicht bestimmen. Risikozuschläge und eine "tiefere Planung schon in einem frühen Stadium" sollen solche Negativschlagzeilen künftig vermeiden helfen.

© SZ vom 24.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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