Urteil:Verbotenes Gespräch

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Gericht verurteilt Arzt, weil er sich mit seiner Freundin unterhielt und dabei Polizisten den "Hitler-Gruß" zeigte

Von Andreas Salch

Der Angeklagte bezeichnet sich als Kommunist: Nichtsdestotrotz erhob er den rechten Arm zum sogenannten "Hitler-Gruß" und sagte am Rande eines Prozesses zu zwei Polizisten im Strafjustizzentrum an der Nymphenburger Straße laut und deutlich "Heil". Das Amtsgericht München verurteilte den 50-Jährigen, einen arbeitslosen Arzt aus Nürnberg, dafür jetzt wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Beleidigung zu einer Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen.

Der Arzt muss sich seit geraumer Zeit mit weiteren Angeklagten vor dem Oberlandesgericht München wegen Mitgliedschaft in der Auslandsorganisation der Kommunistischen Partei der Türkei/Marxisten-Leninisten verantworten. Die TKP/ML gilt als terroristische Vereinigung. Von April 2015 bis Februar dieses Jahres befand sich der 50-Jährige in Untersuchungshaft.

Am 10. Juli vergangenen Jahres wurde der Arzt zu einem Verhandlungstermin in dem noch laufenden Verfahren vor dem Oberlandesgericht aus der Untersuchungshaft vorgeführt. Als er in einer Verhandlungspause zurück in den Zellentrakt gebracht wurde, unterhielt er sich mit seiner Lebensgefährtin, obwohl ihm das vom Gericht ausdrücklich untersagt worden war. Als er dabei an zwei Polizisten vorbeigeführt wurde, zeigte er den inkriminierten Gruß. Gleich darauf bat er den Polizisten um Entschuldigung. Bei dessen Kollegin soll er zumindest versucht haben, sich zu erklären. In der Verhandlung vor dem Amtsgericht zeigte sich die Beamtin nach wie vor sehr getroffen von dem Vorfall. Es habe sie verletzt, so die Zeugin, als Polizistin vom Angeklagten mit dem nationalsozialistischen Regime gleichgesetzt zu werden.

Der Arzt sagte, er und seine Lebensgefährtin hätten sich nur auf türkisch begrüßt und dann kurz auf deutsch weiter geredet. Es sei um ein Medikament gegangen. Sein Verteidiger wies darauf hin, dass sich sein Mandant die meiste Zeit in Einzelhaft befunden und nicht mit seiner damals ebenfalls inhaftierten Lebensgefährtin habe sprechen dürfen.

Doch das Zeigen des "Hitler-Grußes" ließ sich aus Sicht der Richterin in keiner Weise rechtfertigen - trotz der "schwierigen persönlichen Situation" des Angeklagten und der langandauernden Untersuchungshaft. Das Zeigen des "Hitler-Grußes" könne nicht "als bloße Satire" gewertet werden. Auch dass er Kommunist sei und deshalb den "Hitler-Gruß" nicht ernsthaft zeige, sei für Außenstehende in dem Moment nicht erkennbar gewesen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (Az. 823 Cs 112 Js 185411/17)

© SZ vom 26.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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