Urteil:Fünfeinhalb Jahre Haft für Optimol-Schläger

Lesezeit: 2 min

Zwei Betrunkene geraten nach einem Club-Besuch aneinander, es gibt Faustschläge, am Ende ist einer tot

Von Christian Rost

Der Faustschlag traf den Mann am Auge. Er kippte laut Zeugen "wie ein nasser Sack" nach hinten und schlug mit dem Kopf auf dem Asphalt auf. Weil der 49-Jährige auf der Gehsteigkante gestanden war, wirkte sich beim Hinfallen der Höhenunterschied zum Straßenniveau drastisch aus: Der Kopf krachte mit so großer Wucht auf die Straße, dass der Schädel brach. Im Krankenhaus kam es zu Komplikationen, zwölf Tage später war Adnan K. (Name geändert) tot. Der Schläger, Benjamin P., ist am Donnerstag vom Landgericht München I wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte siebeneinhalb Jahre Haft für den 24-jährigen Verkäufer gefordert, die Verteidigung einen Freispruch.

Täter und Opfer verbrachten die Nacht zum Pfingstmontag vorigen Jahres im Club "Do Brasil" auf dem Optimolgelände. Die beiden kannten sich nicht oder nur flüchtig, aber als sie gegen 7.15 Uhr die Disco verließen, lief der stark angetrunkene Adnan K. dem jüngeren Mann hinterher. "Er dackelte ihm nach", schilderte eine Zeugin. Warum der eine dem anderen gefolgt war, blieb bis zum Ende des Prozesses unklar. Vermutlich aber beleidigten sich die Männer gegenseitig. Plötzlich blieb Benjamin P., der 2,2 Promille Alkohol im Blut hatte, an der Ecke Friedenstraße/Grafinger Straße stehen und brüllte: "Hau ab!" Dann versetzte er K. mehrere Faustschläge.

Für die Staatsanwaltschaft kamen die Schläge ohne Not, das betrunkene Opfer habe einfach nur dagestanden, von ihm sei "keine Aktion ausgegangen". Polizisten, die in der Nähe Personen kontrollierten, eilten herbei und nahmen P. fest. Als sie ihn abführten, blickte er auf den am Boden liegenden, bewusstlosen K. und versuchte, ihn anzuspucken. Dabei sagte der Angeklagte: "Ha, hoffentlich ist er tot." Später, auf der Polizeiwache, ließ er noch so eine Bemerkung fallen: "Wenn er mir eine Kopfnuss gibt, dann darf ich ihn totschlagen. Ich will ja nicht enden wie Dominik Brunner." Es gab Zeugen am Tatort, die aber alle lediglich einen Ausschnitt des Geschehens mitbekommen hatten. Eine Kopfnuss von K. gegen den Angeklagten hatte niemand beobachtet. Nur ein Taxifahrer berichtete von Fußtritten bei einem Kampf der Männer. Dieser Darstellung wollte aber nicht einmal der Staatsanwalt glauben.

Verteidiger Stefan Waldeck sah es nicht als widerlegt an, dass sein Mandant vor den Fausthieben vom späteren Opfer attackiert worden war. "Der Angeklagte hat etwas gespürt und hat sich gewehrt." Waldeck forderte deshalb einen Freispruch für die Notwehrhandlung. Sollte P. aber verurteilt werden, verlangte der Anwalt eine deutlich mildere Strafe als die Staatsanwaltschaft. Schließlich habe letztlich eine Kette unglücklicher Umstände zum Tod des Mannes geführt. Er erlitt bei der Behandlung im Krankenhaus aufgrund einer Venenthrombose eine Lungenembolie. Rechtsmediziner Wolfgang Keil bezeichnete diese Komplikation infolge der Kopfverletzung als "selten".

Den hohen Alkoholwert des Angeklagten wertete das Gericht, das letztlich keine Notwehrsituation erkennen konnte, nicht als strafmildernd, zumal der psychiatrische Sachverständige Matthias Hollweg bei P. keine Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit bei P. festgestellt hatte, wohl aber eine grundsätzlich erhöhte Aggressionsbereitschaft. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

© SZ vom 12.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: