Urteil erwartet:Wenn der Vermieter einmal klingelt

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Landgericht entscheidet, ob eine an der Haustür vereinbarte Mieterhöhung gültig ist

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Wenn unerwartet ein Vertreter an der Wohnungstür klingelt und der überrumpelten Hausfrau einen Staubsauger andreht, ist das ein Haustürgeschäft. Da solche Verkaufsmethoden von einem gewissen Überrumpelungseffekt geprägt sind, haben Käufer prinzipiell ein Rückgaberecht. Aber was ist, wenn der Vermieter überraschend klingelt und sich die Erlaubnis für eine Modernisierung samt Mieterhöhung unterschreiben lässt? In mehreren Fällen haben verdatterte Mieter erst unterschrieben, nach erfolgter Modernisierung aber dieses "Haustürgeschäft" widerrufen. Es könnte sein, dass die Mieterhöhungen dadurch zwar hinfällig sind. Aber vielleicht müssen sie trotzdem einen "Ausgleich für den erhöhten Wohnwert" bezahlen, den sie jetzt genießen. Ob solch eine Mieterhöhung durch die Hintertür zulässig ist, müssen nun Richter entscheiden.

Vielleicht ist es ja nur Zufall, dass gerade Mieter mit Migrationshintergrund die Betroffenen sind. Drei von ihnen wohnen in Obergiesing in Wohnungen, die zwei Münchner Privatpersonen gehören. Die beiden verfügen über sehr viele Immobilien in der Stadt. Im Sommer 2009 kündigten sie den Mietern ihres nahe der Chiemgaustraße gelegenen Hauses Modernisierungsmaßnahmen an. Damals gab es dort noch Öl-Öfen in den Zimmern und Kohleboiler zur Warmwasserversorgung. Die damit verbundene Erhöhung der Monatsmiete gaben sie mit 76,70 Euro an.

Im darauf folgenden Dezember klingelte überraschend einer dieser Hausbesitzer bei den Betroffenen. Man redete über die Umbauarbeiten und die Mieterhöhung - dann ließ sich der Eigentümer eine Vereinbarung über die Arbeiten und 60 Euro Mieterhöhung unterschreiben. Modernisiert wurde dann erst im Frühjahr 2010. Die Mieter bezahlten zunächst. Dann erfuhr einer von ihnen, dass man nach dem Haustürwiderrufsgesetzt womöglich sein Einverständnis zur Erhöhung zurücknehmen könne: Da der Hausherr ohne Voranmeldung erschienen war, fühlten sich die Mieter überrumpelt. Sie werfen den Hauseigentümern vor, mit ihrem unkonventionellen Vorgehen den vorgeschriebenen Rechtsweg zur Mieterhöhung nach Modernisierungsmaßnahmen (§ 559 BGB) umgangen zu haben. Die Vermieter hätten sich auf diese Weise "ungerechtfertigt bereichert".

Die Hausherren wollen die zurückgeforderten Mehrzahlungen aber nicht erstatten: Immerhin hätten die Mieter den Nutzen und die Vorteile der Modernisierung, meinen sie. Da die empfangenen Leistungen fest eingebaut seien und damit nicht zurückgegeben werden könnten, müssten die Mieter eben einen "Wertersatz" bezahlen. Sie berufen sich dabei auf den Paragrafen 346 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Der Mietrichter des Amtsgerichts hat einen Fall bereits entschieden. Hier ging es um eine Rückforderung über 1680 Euro. Der Richter hat die Hausherrn zur Erstattung verurteilt. Er meint, dass die Eigentümer mit ihrem Vorgehen die Mieterschutzvorschriften umgangen hätten. Deshalb dürfe es nicht sein, dass sie nun über eine Schätzung der Erhöhung des Wohnwerts ihr Ziel dennoch erreichen könnten. Der Mietrichter bewertete den unangemeldeten Besuch des Eigentümers als Haustürgeschäft. Die Mieter habe er dabei nicht, wie vorgeschrieben, über das Widerrufsrecht belehrt - somit habe die sonst übliche Widerrufsfrist von 14 Tagen nicht zu laufen begonnen.

Nun liegt der Fall in der Berufungsinstanz beim Landgericht München I. Die 15. Zivilkammer erklärte am Mittwoch, dass diese Konstellation eine Reihe bisher ungeklärter Rechtsfragen aufwerfe. Deshalb will das Gericht eventuell die Revision zum Bundesgerichtshof zulassen. Ihr Urteil will die Kammer am 20. Januar verkünden.

© SZ vom 26.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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