Unterricht:Zweisprachig lernen im Test

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Nachfrage nach "Bili-Klassen" in der Grundschule übertrifft das Angebot

Von Anna Günther

Ein Schnipser, eine Drehbewegung mit der Hand vor dem Kopf - und zack, 24 Mädchen und Buben sprechen Englisch. Was nach Zauberspruch im Kinderfilm klingt, ist Alltag in der Grundschule an der Feldbergstraße. Seit einem Jahr lernen die Kinder der Bilingualen Klasse spielerisch Englisch und auf Deutsch schreiben, lesen sowie rechnen. Englischlehrer unterrichten Kunst, Musik, Sport und Mathe. Am Dienstag wird der zweite Jahrgang eingeschult, wieder übertreffen die Anmeldungen in der Truderinger Schule bei weitem alle Plätze. Im ersten Jahr hätte Rektorin Claudia Lorenz drei "Bili-Klassen" einrichten können. Im Schulversuch ist pro Jahrgang und Schule aber nur eine Klasse vorgesehen. In zwei freiwilligen Englisch-Gruppen lernten im vergangenen Schuljahr all die Kinder, die nicht mehr in der Bili-Klasse aufgenommen werden konnten.

21 bayerische Grundschulen testen vier Jahre lang, ob und wie Kinder vom bilingualen Unterricht profitieren. Vorbild ist die Augsburger St.-Anna-Grundschule, wo seit 2007 Klassen in Deutsch und Englisch lernen. Neben der Feldbergschule bietet in München auch die Waldmeisterschule in der Lerchenau bilinguale Klassen an.

Mit sogenannten Sprachduschen führen Englischlehrer die Grundschüler an die Sprache heran. Sie reden einfach sofort mit den Kindern, Vokabeln wie in den weiterführenden Schulen lernen die Kleinen erst einmal nicht. "Die Schüler lernen Inhalte mit der Sprache, das ist gar kein Problem. Die saugen das auf wie ein Schwamm", sagt Schulleiterin Lorenz.

Sie hatte schon 2013 mit ihrer Stellvertreterin ein Konzept erarbeitet. Zur gleichen Zeit stellte Georg Eisenreich, damals noch als Abgeordneter im Landtag, einen entsprechenden Antrag. Beides wurden abgelehnt. Als Staatssekretär ging Eisenreich den Bilingualen Unterricht in Grundschulen noch einmal an und holte die Stiftung Bildungspakt dazu. Qua Amt ist er Vorsitzender dieses Zusammenschlusses aus Verbänden, Unternehmen und Kultusministerium. Die Stiftung finanziert nun den 1,2 Millionen Euro teuren Schulversuch mit dem Freistaat zusammen.

Kritiker des frühen bilingualen Unterrichts sagen oft, dass Kinder davon verwirrt werden. Eisenreich winkt ab: Deutsch müssten alle können, und die Schulen entscheiden, wer in bilinguale Klassen kommt. Und laut dem Eichstätter Bildungsforscher Heiner Böttger fördert bilinguales Lernen sogar das Sprachverständnis, sagt Eisenreich. Böttger begleitet den Modellversuch wissenschaftlich. In Trudering ist Schulleiterin Lorenz von den Fortschritten der Kinder begeistert: "Wir haben schon jetzt ein hohes Niveau erreicht und das nicht nur bei Schülern, die mehrsprachig aufwachsen." Und auch Eisenreich denkt schon weiter, die bilinguale Grundschule in Französisch soll in den nächsten Jahren folgen.

© SZ vom 12.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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