Und jetzt?:6300 Kilometer für den guten Zweck

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"Die endlose Weite ist manchmal zum Weinen schön", sagt Jörg Richter. Der Diplom-Sportlehrer radelt in den USA vom Pazifik zum Atlantik. (Foto: privat)

Jörg Richter radelt quer durch die USA, um die Stiftung Care-for-Rare zu unterstützen

Interview von Sabine Buchwald, München

Jörg Richter, 55, radelt seit Juni quer durch die USA, vom Pazifik zum Atlantik. Richter arbeitet als Diplom-Sportlehrer bei einer Krankenkasse, nun hat er sich eine Auszeit genommen. Er sammelt Spenden für die Münchner Stiftung Care-for-Rare, die sich für Kinder mit seltenen Krankheiten einsetzt. Für jeden Kilometer zahlen seine Kollegen und Freunde, aber auch Leute, die die Aktion unterstützen. Kurz vor dem Telefonat mit ihm hat ihm eine Warm-Showers-Gastgeberin ein typisch amerikanisches Frühstück mit Rührei und Schinken serviert .

SZ: Hallo Herr Richter, wo sind S ie?

Jörg Richter: In Harlem, im Bundesstaat Montana, etwa 40 Meilen unterhalb der kanadischen Grenze, am Milk River. Die nächste Stadt ist Malta, das ist die Welthauptstadt der Moskitos, glaube ich.

Wie viel Stiche haben Sie denn?

Ich habe aufgehört zu zählen. Ich werde heute definitiv in einem Hostel übernachten. Ich muss ja nicht den Helden spielen.

Und sonst? Läuft alles nach Plan?

Von einer gebrochenen Speiche abgesehen, ist bisher alles glatt gegangen. Ich habe knapp 1800 Kilometer hinter mir, es bleiben noch etwa 4500.

Wie viele Kilometer schaffen Sie denn an einem Tag?

Gestern hatte ich Gegenwind, da waren nur 25 Meilen, also 40 Kilometer, drin. Sonst sind es im Schnitt doppelt so viele.

Sie radeln für die Stiftung Care-for-Rare. Motiviert Sie das?

Die Grundidee ist mein alter Traum, die USA zu durchqueren. Ein emotionales Back-up aber ist die Stiftung auf jeden Fall. Ich habe auch schon mit Professor Klein, dem Direktor der Haunerschen Kinderklinik, der auch Vorstand der Stiftung ist, telefoniert. Es ist schön zu wissen, dass jemand gedanklich im Hintergrund steht.

Was erhoffen Sie sich von dieser Spendenaktion?

Natürlich Geld für die Erforschung seltener Krankheiten. Persönlich aber, Kindern und auch Erwachsenen Mut zu machen, Träume nicht aufzuschieben und sich ernst zu nehmen. Im vergangenen Jahr sind zwei gute Freunde von mir gestorben, das hat mich zum Nachdenken gebracht: Man darf Träume nicht endlos aufschieben, man muss sie sich erfüllen.

Warum setzen Sie sich ausgerechnet für seltene Krankheiten ein?

Es ist wichtig, sich um die Menschen zu kümmern, die wenig Hilfe erfahren. Ich kenne einige Leute, die behindert sind. Zum Beispiel eine junge Freundin. Eine junge Frau, die im Rollstuhl sitzt, voller Kraft und Lebensenergie. Mit der habe ich schon mal eine 40 Kilometer lange Radtour gemacht. Sie ist so ein Beispiel, das mir zeigt, wie wichtig es ist, dass man sich um kranke Menschen sorgt.

Wie viel haben Sie schon gesammelt?

Keine Ahnung. Als Einzelperson darf ich aus steuerlichen Gründen ja kein Geld nehmen. Das fließt alles auf ein Konto.

Wer übernimmt die Kosten für den Flug, Übernachtung und Verpflegung?

Das Ganze ist mein Projekt. Und eben mein privater Lebenstraum. Ich zahle alles selbst.

Wo übernachten Sie?

Mal im Zelt, mal im Hostel. Sagen wir, 20 Prozent der Nächte bei irgendwelchen Leuten, die mich spontan zu sich einladen.

Die Sie aber nicht vorher kannten?

Nein, ich werde immer wieder angesprochen. Die Freundlichkeit zu Radfahrern ist unglaublich. Es ist mir schon passiert, dass mich ein Auto überholt und am Straßenrand angehalten hat. Der Fahrer ist dann ausgestiegen und hat auf die Bayernfahne gezeigt, die hinten an meinem Rad flattert: " I know this flag, I have been there."

Ein Radfahrer mit Bayernfahne, ist das nicht eher kurios?

In den USA sind solche Charity-Aktionen verbreiteter als bei uns. Ich hatte schon tolle Begegnungen: ein Paar, das seit 68 Jahren verheiratet ist. Ein Feuerwehrmann, der mich spontan zum Grillen eingeladen hat. Er lebte zwei Jahre in Berlin und hat sich gefreut, einen Deutschen zu treffen.

Sie fühlen sich also nicht einsam?

Gleich am dritten Tag habe ich einen New Yorker getroffen, der zwei Wochen mit mir mit gefahren ist. Ansonsten macht es nichts, einfach mal die Klappe zu halten. Im Moment sehe ich nicht viele Leute. Kein Mensch fährt nach Nord-Montana. Die endlose Weite ist manchmal zum Weinen schön.

Haben Sie keine Angst?

Als vor ein paar Tagen ein Bär aus dem Straßengraben gesprungen kam, ging alles so schnell, dass nicht mal mein Adrenalin-Spiegel gestiegen ist. Zum Glück ist er zurück in den Wald. Sonst alles friedlich.

Was ist Ihr Ziel?

Monroe in Connecticut. Da war mein Sohn bei einer Gastfamilie. Die haben schon deutsches Bier für mich im Kühlschrank stehen. Das ist 60 Meilen vom Atlantik entfernt, eine Tagestour. Dort angekommen, werde ich meinen Vorderreifen ins Meer tauchen. Das macht man so. Meinen Hinterreifen habe ich beim Start in den Pazifik getaucht.

Infos: www.facebook.com/CareforRareFoundation

© SZ vom 07.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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