Mysteriöse Todesfälle bei München:Zwei Tote identifiziert

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Die Identität der Toten, die vor zwei Wochen in einer Kompostieranlage in München-Hadern gefunden wurde, ist offenbar geklärt. Nach Veröffentlichung eines Bildes meldete sich die Mutter der Frau bei der Polizei. Und auch das Rätsel um eine Wasserleiche ist nun nach 22 Jahren gelöst.

Von Florian Fuchs und Susi Wimmer

Die Identität der Toten, die vor zwei Wochen im Sickerbecken der Kompostieranlage in Hadern gefunden wurde, ist offenbar geklärt. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung handelt es sich um eine 45-jährige Frau, die zuletzt in Fürstenried gelebt hatte. Wie die Frau zu Tode kam, ist aber immer noch unklar.

Damit wäre zumindest ein wesentliches Puzzleteil in dem Fall der mysteriösen Leiche geklärt. Ein Angestellter hatte die Tote in der Sickergrube an der Tischlerstraße entdeckt - unter der zugefrorenen Eisdecke. Dort muss die Leiche mindestens zwei Wochen lang eingeschlossen gewesen sein. Merkwürdig fanden die Ermittler, dass die Frau keinerlei Schmuck trug, keine Handtasche bei sich hatte und auch keine persönlichen Gegenstände.

Die Mutter der offenbar psychisch kranken Frau hatte ihre Tochter nach deren Verschwinden als vermisst gemeldet. Doch die Polizei war nach dem Fund der Leiche von einem Alter zwischen 20 und 25 Jahren ausgegangen, weshalb es bis jetzt dauerte, die Identität der Toten zu klären.

Nach der Obduktion waren die Fahnder allerdings auch nicht sehr viel schlauer: Anzeichen für einen gewaltsamen Tod fanden sich nicht, auch keine Spuren, die auf Gegenwehr oder einen Kampf hätten schließen lassen. Wahrscheinlich sei die Frau ertrunken, hieß es im Gutachten der Rechtsmedizin. Chemisch-toxikologische Untersuchungen laufen noch. Sie sollen klären, ob die Frau unter dem Einfluss von Drogen, Medikamenten oder Alkohol stand.

Mit der Identität der Toten können die Ermittler den Fall nun vermutlich ganz lösen: Sie werden das Umfeld der 45-Jährigen untersuchen, Freunde und Kollegen befragen und klären können, ob ein Verbrechen vorliegt, ob die Frau Suizidgedanken hegte oder ob es sich um einen tragischen Unfall handeln könnte. Denn eigentlich ist das Gelände an der Tischlerstraße nicht frei zugänglich, die Sickergrube ist mit einem hüfthohen Geländer gesichert.

Auch einen weiteren unbekannten Toten konnte die Münchner Polizei nun identifizieren - der Fall ist allerdings schon 22 Jahre alt. Zunächst war nicht klar, ob es sich um ein Verbrechen oder einen Unfall handelte - geschweige denn, wer der Tote war, den Passanten an der Floßrutsche am Kraftwerk Mühltal im Juli 1991 im Isarkanal entdeckt hatten.

Die Ermittler der Kriminalpolizei kamen damals zu dem Ergebnis, dass der Mann offenbar bei einem Badeunfall ums Leben gekommen sein muss. Die Leiche wies keine Verletzungen auf, die auf Mord hindeuteten. Wer der Tote allerdings ist, darüber rätselten die Fahnder lange. Nun, nach 22 Jahren, haben sie den Fall doch noch gelöst, in Zusammenarbeit mit Interpol Prag: Der 1956 in Sachsen geborene Mann hatte in München eine Wohnung gemietet und offenbar auch hier gelebt. Seine Frau hatte ihn nie als vermisst gemeldet.

Am 11. Juli 1991 bargen Einsatzkräfte die Leiche an dem Kraftwerk in Straßlach aus dem Isarkanal. Der Mann war nur mit Schuhen bekleidet und ansonsten nackt. Offenbar war er ertrunken. Nach einer Obduktion war für die Beamten klar, dass der damals 35 Jahre alte Unbekannte im Bereich der Nacktbader an der Isar ins Wasser gestiegen und nicht wieder aus den Fluten herausgekommen war. Die Akte wurde dennoch nicht geschlossen, weil es den Ermittlern der Vermisstenstelle vom Kommissariat 14 des Polizeipräsidiums unmöglich war, die Leiche zu identifizieren. Die Unterlagen kamen auf den Stapel der Altfälle, aus dem die Beamten regelmäßig Akten hervorkramen und nach neuen Ansatzpunkten mit neuen Ermittlungsmethoden suchen.

Dies führte nun auch im Fall dieses Leichnams zum Erfolg "Wir hätten das selbst nicht mehr gedacht, dass der Fall noch zu klären ist, aber am Ende war es die berühmte Kleinigkeit, die geholfen hat", sagt Klaus Gmelch, Chef der Vermisstenstelle.

Fingerabdrücke aus der Knastzelle

Von dem toten 35-Jährigen hatten die Ermittler nach Bergung der Leiche Fingerabdrücke genommen, die sie aber nie einer Person zuordnen konnten. Jetzt, 22 Jahre später, war es technisch möglich, die Spuren mit internationalen Datenbanken zu vergleichen: Und plötzlich teilte Interpol Prag mit, dass die Fingerabdrücke mit denen eines jungen Mannes identisch sind, der am 28. August 1973 für eine Nacht in einer Knastzelle in Pilsen saß.

Der Grund für den kurzen Aufenthalt im Gefängnis in der Tschechoslowakei ist für die Fahnder allerdings nicht mehr nachzuvollziehen. Die Ermittler fanden aber heraus, dass der in der Nähe von Meißen in der damaligen DDR geborene Mann zum Zeitpunkt seines Todes im Jahr 1991 ein Leben unter mysteriösen Umständen geführt haben muss. Zwar war er damals zusammen mit seiner Ehefrau mit Wohnsitz in München gemeldet. Der Vermieter sagte allerdings aus, sich nicht erinnern zu können, dass in der Wohnung jemals eine Frau gewesen sei. Er habe die Wohnung nur an den Mann vermietet. Nach Kenntnis der Ermittler hat der gebürtige Sachse tatsächlich selbst dort gewohnt, oft hat er aber auch Bauarbeiter in seiner Bleibe übernachten lassen.

Die Ehefrau zog offenbar nach England. Allerdings konnten die Behörden dort ihren Aufenthaltsort nicht ermitteln, es ist unklar, ob sie noch lebt. Die einzigen für die Polizei erreichbaren Familienangehörigen des Toten sind eine Cousine und ein Bruder, die beide in Chemnitz wohnen. Bei einer Befragung gaben sie an, schon lange vor dem Tod ihres Verwandten keinen Kontakt mehr zu ihm gehabt und ihn deshalb auch nicht als vermisst gemeldet zu haben. Ein paar ungeklärte Fragen bleiben also, zum Beispiel, warum die Ehefrau ihren Mann nicht als vermisst gemeldet hatte. "Aber mit der Identifizierung der Leiche können wir nun die Akte schließen", sagt Gmelch.

© SZ vom 17.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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