Unantastbar muss schließen:Zu viel Schall und Rauch

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Ein Hauseigentümer hat dem Betreiber der "Unantastbar" gekündigt, weil der nächtliche Lärm vor dem Lokal zu groß wurde. Das Problem entstand erst mit dem Rauchverbot, aber auch die Mieter im Szenekiez Glockenbachviertel haben sich verändert.

Elisa Holz

Zwischen Feierlaune und Ruhebedürfnis erstreckt sich ein Spannungsfeld, in dem die unterschiedlichen Interessen meist zu späterer Stunde unversöhnlich gegeneinander stehen. Zu diesen Spannungsfeldern gehört an erster Stelle der Gärtnerplatz. In der Maxvorstadt häufen sich die Konflikte zwischen Gastronomie und Anwohnern und im - nicht umsonst so benannten - Bermudadreieck in der Isarvorstadt ist es um den nachbarschaftlichen Frieden schon längst nicht mehr zum Besten bestellt.

Im Bermudadreieck: In der Thalkirchner Straße gibt es viele Lokale, in denen es nachts hoch her geht - im Bild das Aksnibuk und hinten die Unantastbar. (Foto: Robert Haas)

Dort, wo die Thalkirchner- auf die Müllerstraße trifft, stehen die Häuser eng, und Kneipen, Bars und Klubs reihen sich dicht an dicht. Eine Beschreibung, die zu fortgeschrittener Stunde auch auf die zahlreichen Gäste zutrifft. Eine dieser Kneipen wird Ende September nun schließen müssen: die "Unantastbar", eine kleine gekachelte Bar, die seit fast acht Jahren im Haus der Thalkirchner Straße 16 residiert. "Die Probleme haben sich verschärft, das ist die Misere mit dem Rauchverbot", sagt Hausbesitzer Horst Graf, der seinem Pächter nun gekündigt hat.

Seit 2008 müssen die Gäste zum Rauchen auf die Straße, wo es dann oft bis in die frühen Morgenstunden hoch hergeht. Seine Mieter und auch die Bewohner der umliegenden Häuser begannen sich zu wehren. Beschwerden, Anzeigen ergossen sich über den Hausbesitzer und gelegentlich auch ein Eimer Wasser über die Gäste der beiden kleinen Bars in seinem Haus, die auf der Straße rauchten.

Horst Graf sah sich schließlich gezwungen, die Konsequenz zu ziehen und zumindest der Unantastbar den Mietvertrag zu kündigen. Er selbst ist hin- und hergerissen. "Es ist schön, wenn da Leben ist, aber es ist eben auch immer eine Belastung für die Mieter", sagt Graf, der sich noch daran erinnern kann, als das Bermudadreieck noch ein eher finsteres Schmuddeleck war. In seinem Haus wohnten hauptsächlich Studenten und junge Leute, die in der Regel bald wieder umzogen. Doch inzwischen hat sich das völlig geändert. Die Innenstadtlage ist beliebt und zieht viele gut situierte Menschen mit regelmäßigen Arbeitszeiten an. "Das Eck hat heute einen ganz anderen Charakter", sagt Graf.

Der veränderte Charakter der Thalkirchner Straße ist nicht unproblematisch. Deshalb ist man allenthalben bemüht, Konflikten vorzubeugen. Im Haus gegenüber müssen Mieter mittlerweile per Unterschrift zur Kenntnis nehmen, dass die Thalkirchner eine belebte Straße ist. Das erzählt Silvano Checcia, der das "Aksnibuk" betreibt, die zweite Bar unten im Haus von Horst Graf. Der Barmann macht sich bislang keine Sorgen, dass ihn bald das gleiche Schicksal wie seinen Nachbarn ereilt. "Wir achten sehr darauf, die Lärmbelästigung so gering wie möglich zu halten und sind auch mit den Nachbarn im Gespräch", sagt Checcia. Er verstehe natürlich die Beschwerden der Anwohner, plädiert aber auch für Toleranz, insbesondere am Wochenende: "Der Sommer ist eh bald vorbei", sagt der Gastronom.

Alexandra Wanitschke ist keine Verfechterin von Null Toleranz, aber ihr reicht es schon lange. Sie betreibt den Obst- und Gemüseladen gleich gegenüber der Unantastbar, über dem sie auch wohnt. Seit das Rauchverbot in Kraft getreten ist, hat sie kaum mehr eine ruhige Nacht verbracht. "Die geben rund um die Uhr Vollgas. Das Publikum wird immer jünger und trinkt immer mehr. Nur von Sonntag auf Montag kann man schlafen", erzählt Alexandra Wanitschke. Sie wird der Unantastbar sicher keine Träne nachweinen. In den kleinen Raum soll jetzt womöglich wieder ein Imbiss einziehen, der nicht rund um die Uhr offen hat.

© SZ vom 18.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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