Umzugspläne:Zu konfliktträchtig für einen Minister

Lesezeit: 2 min

Warum Ludwig Spaenle jetzt vorschlägt, die Staatliche Graphische Sammlung in einem Uni-Gebäude unterzubringen

Von S. Mühleisen, J. Wetzel, München

Als "einfacher Abgeordneter" bezeichnet Ludwig Spaenle sich jetzt, nachdem für ihn im Kabinett des neuen Ministerpräsidenten Markus Söder kein Platz mehr ist. Als solcher muss er nicht mehr auf komplizierte und mitunter widerstreitende Interessen von Institutionen achten, denen er als Kultus-, Kunst-, Bildungs- und Wissenschaftsminister noch bis vor ein paar Tagen vorstand. Insofern wirkt sein Vorstoß zu einem Pinakotheken-Neubau für die Staatliche Graphische Sammlung wie der Impuls eines den schönen Künsten schon immer am meisten Zugeneigten, der endlich von seinen Fesseln befreit ist. Andererseits zerrt Spaenle damit ein Problem ans Licht, das er selbst nicht lösen konnte - und an dem nun seine Nachfolgerin kauen muss.

Es geht dabei zunächst um die missliche Lage der Staatlichen Graphischen Sammlung. Sie ist mit 400 000 Blättern ein Werke-Konvolut von Weltrang. Doch seit Jahrzehnten gibt es für den Kunstschatz kein angemessenes Institutsgebäude, die Sammlung ist mehr schlecht als recht in einem ehemaligen Nazi-Bau an der Katharina-von-Bora-Straße untergebracht. Um sie angemessen präsentieren und an ihr forschen zu können, war in den Neunzigerjahren der zweite Bauabschnitt der Pinakothek der Moderne angedacht worden - doch dieser L-förmige Annex an der Gabelsberger- und Türkenstraße wurde nie realisiert. Der Freistaat holte stattdessen die Sammlung Brandhorst nach München und finanzierte für sie einen Museumsbau an der Türkenstraße. Die hochrangige Grafik-Sammlung muss immer noch quasi im Verborgenen existieren.

Nun bringt Spaenle dafür die Bauten der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) an der Theresienstraße 37 bis 41 ins Spiel. Der Vorschlag birgt Konfliktstoff. Denn die Gebäude sind zwar marode und müssen wohl abgerissen werden; der Auszug der Fakultät für Mathematik, Informatik und Statistik sowie der für Physik und des Departments für Geo- und Umweltwissenschaften ist bereits beschlossen. Er ist Teil eines großen Umzugsprogramms, in dem die LMU ihre Fakultäten vom Jahr 2022 an neu ordnen will. Die einen Forscher ziehen an den Stadtrand, die anderen wechseln in die frei werdenden Gebäude. Doch was mit den Gebäuden an der Theresienstraße geschieht, ist bislang unklar. Und es ist keineswegs ausgemacht, dass die LMU auf die Flächen verzichten will. Sie leidet gerade in der Innenstadt erheblich unter Raumnot. Zuletzt wich sie an den Stadtrand aus, nach Martinsried, Großhadern und Garching. Durch die bevorstehenden Umzüge, hofft die LMU, könne sie den Platzmangel im Zentrum womöglich lindern - vorausgesetzt, sie muss keine Flächen aufgeben.

Spaenle weiß das, und womöglich hielt er sich deshalb als Minister mit konkreten Projektideen zurück. Er sprach nur von "Gesprächen mit der Universität". Fragen, ob die Theresienstraße eine Heimstatt für die Graphische Sammlung sein könnte, kommentierte er nicht. LMU-Präsident Bernd Huber sprach zuletzt von schwierigen Verhandlungen, äußerte sich aber zuversichtlich, dass die Universität die frei werdenden Flächen behalten darf. "Wir haben in den vergangenen 20 Jahren fast keinen Zuwachs an Flächen in der Innenstadt gehabt. Und das, obwohl die Universität an sich enorm gewachsen ist", sagte er im Sommer 2017. Eine Entscheidung, heißt es von der LMU und aus dem Wissenschaftsministerium, sei noch nicht gefallen.

© SZ vom 24.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: