Umzug der Berliner Flughäfen:Fast fertig zur Landung

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Die Stadtautobahn wird gesperrt, Geräte aus dem Norden an den Südrand Berlins zu verfrachtet: Der Umzug der bisherigen Berliner Flughäfen wird spektakulär. Experten des Münchner Flughafens helfen dabei.

Marco Völklein

Alle zwei bis drei Jahre zieht Alexander Larisch um. Aber nicht von Giesing nach Neuhausen, oder von Dachau nach Ebersberg. Der 37-Jährige hat schon in Madrid und Bangkok gelebt, in Moskau und in Madrid. Frau und Hund ziehen immer mit. "Pendeln ist nichts für mich", sagt Larisch. Er wohnt immer dort, wo sein Arbeitgeber, der Münchner Flughafen, ihn gerade benötigt. Derzeit in Berlin. Denn dort wird der Umzugsexperte Larisch dringend gebraucht.

Bis zu 1000 Freiwillige am Tag proben derzeit bereits den Betrieb am neuen Berliner Flughafen. Auch Fachleute aus München sind mit von der Partie. (Foto: picture alliance / dpa)

In der Nacht vom 2. auf den 3. Juni ziehen die bisherigen Berliner Flughäfen um. Larisch organisiert diesen Umzug, so wie zuvor den in Madrid oder Moskau. Die Berliner haben ihre Münchner Kollegen angeheuert. Schließlich haben die Münchner vor 20 Jahren gezeigt, wie man einen kompletten Flughafen in nur einer Nacht verlegt. Ende des Monats feiert der Airport dieses Jubiläum.

Mittlerweile haben die Münchner daraus ein lukratives Geschäft entwickelt: Flughäfen in aller Welt fordern die Fachleute an, wenn sie einen neuen Standort oder ein neues Terminal in Betrieb nehmen wollen. 60 Leute sind in diesem Bereich des Flughafens tätig. Sie sind Wanderarbeiter der Luftfahrtbranche. Weltweit im Einsatz. So wie Alexander Larisch.

Der hat derzeit viel zu tun. Am Abend des 2. Juni werden die letzten Maschinen von Tegel und Schönefeld abheben, am nächsten Morgen, am 3. Juni, sollen die ersten Jets am neuen Standort landen. Der neue Groß-Airport entstand südlich des bestehenden alten DDR-Flughafens in Schönefeld, nur ein paar hundert Meter Luftlinie entfernt. Was vom alten DDR-Airport umziehen muss an den neuen Standort, wird in der Nacht einfach über das Rollfeld fahren. Dieser Teil des Umzugs, sagt Larisch, ist unkompliziert.

Spektakulärer wird der Umzug aus Tegel. Fünf Stunden lang werden Larisch und seine Leute die Stadtautobahn sperren, um die Geräte aus dem Norden an den Südrand Berlins zu verfrachten. Selbst auf den Brücken werden Polizisten stehen, um Schaulustige abzuhalten. Allein in dieser Nacht werden 600 Transporte von Tegel nach Schönefeld rollen: Tieflader mit 60 Tonnen schweren Flugzeugschleppern an Bord, dazu überbreite Lkw, die die 300 Gepäckwägelchen an den neuen Standort schaffen. Zwei 5,50 Meter hohe Fahrgasttreppen müssen zerlegt und in Einzelteilen gen Süden transportiert werden. Und die Feuerwehr rauscht mit ihren 40 Tonnen schweren Löschfahrzeugen aus eigener Kraft zu den neuen Feuerwachen.

Dass dies alles klappt, dafür sorgen Larisch und seine Kollegen. Seit Monaten haben sie die Bestände der Büros, Läden und Werkstätten in Listen erfasst, Umzugspläne geschrieben, Zeitpläne erarbeitet und Speditionsfirmen beauftragt. Insgesamt 2800 Transporte stehen in den nächsten Wochen an. Den Wünschen von 190 verschiedenen Nutzern - von der Dönerbude bis zur Lufthansa - müssen Larisch und seine Leute gerecht werden.

Für Airport-Geschäftsführer Thomas Weyer ist dieser Teil der Münchner Flughafengesellschaft Baustein seiner Zukunftsstrategie. Weyer will den Flughafen "internationalisieren", wie er sagt. Larisch und seine Kollegen sollen anderen Mitarbeitern zeigen, "wie es ist, auf längere Zeit im Ausland zu arbeiten". Denn in wenigen Jahren bereits, so Weyer, könnten sich die Münchner "mit einstelligen Millionenbeträgen" an anderen Flughäfen in der Welt beteiligen und dort "Managementaufgaben übernehmen".

Großes Vorbild für Weyer ist der Frankfurter Flughafen, der unter anderem Anteile an den Airports in Kairo und Antalya hält und dort das Geschäft betreibt. Konkret will Weyer in den nächsten Monaten nach Brasilien und Frankreich schauen, wo sich Chancen auftun könnten für Beteiligungen. Die Zustimmung der Gesellschafter Freistaat, Bund und Stadt München steht aber noch aus.

Während Weyer seine Strategie erläutert, kämpfen Larisch und seine Kollegen mit Problemen. Nicht nur der Umzug will geplant sein, auch die Technik muss funktionieren, wenn am 3. Juni der neue Flughafen in Betrieb geht. Dazu simulieren die Münchner zusammen mit ihren Berliner Kollegen an 50 Probetagen den Betrieb.

Bis zu 1000 freiwillige Komparsen, alle mit grüner Sicherheitsweste und grünem Schutzhelm bekleidet, spielen Fluggäste. Sie stellen sich an den Schaltern an, geben Gepäckstücke auf, nerven die Mitarbeiter an den Sicherheitsschranken. An diesem Tag zum Beispiel fällt mal wieder ein Computersystem aus.

An den Sicherheitsschleusen bilden sich lange Schlangen, später können einzelne Jets nicht geboardet werden. Den Fehler müssen die Flughafenmanager nun ausbügeln. "Genau dazu machen wir ja diesen Testlauf", sagt Leif Erichsen vom Berliner Flughafen: "Alle Fehler und Probleme, die uns im Probebetrieb ärgern, sollen uns im Realbetrieb verschonen."

Ein paar Wochen noch wird das so weitergehen für Larisch und seine Kollegen. Anschließend werden sie weiterziehen, zu einem anderen Flughafen. Wo genau, ist offen. Weyer war gerade in Abu Dhabi und hat dort ein Angebot unterbreitet. 2017 soll in dem Emirat ein neues Terminal in Betrieb gehen. Er ist zuversichtlich, den Auftrag zu erhalten. Alexander Larisch wird sich nach einer neuen Wohnung umschauen müssen. Am Persischen Golf.

© SZ vom 02.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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