Tunnel am Luise-Kiesselbach-Platz:Das große Bohren

Lesezeit: 2 min

Allein die Umleitungen kosten 34 Millionen Euro - ab Ende September graben sich Maschinen in den Untergrund am Luise-Kiesselbach-Platz.

Dominik Hutter

Jetzt wird es ernst am Ring: In der kommenden Woche beginnt das Baureferat mit dem Aufbau der provisorischen Verkehrsführung rund um den Luise-Kiesselbach-Platz. Am 21. September wühlt sich dann der erste Bohrer in den Untergrund - der für die Anwohner nervigste, weil lauteste Teil der sechsjährigen Bauarbeiten für Münchens größten Straßentunnel. Anders als an der Richard-Strauss-Straße hat sich die Stadt nicht mit allen Grundstückseignern auf eine Entschädigungsregelung einigen können.

15 Meter in den Münchner Schotterboden

Das Hickhack um eine private Fläche an der Garmischer Straße, die für die Baustelle unentbehrlich ist, wird wohl vor Gericht landen. Verzögerungen erwartet Projektleiter Johann Wittmann trotzdem nicht. Die bis zu siebenspurige Röhre, beide Fahrtrichtungen zusammengerechnet, soll Ende 2015 für den Verkehr freigegeben werden.

Derzeit sind in den Häusern rund um den Ring die Experten der Beweissicherung unterwegs, Zimmer für Zimmer und Keller für Keller. Sie prüfen die Wände auf Risse, erklopfen die Stabilität der Kacheln in den Bädern und dokumentieren alle vorhandenen Bauschäden - damit es später keinen Ärger gibt.

Die Stadt hat für eventuelle Schäden an den umliegenden Häusern eigens eine Versicherung abgeschlossen. Denn die zwischen 88 und 150 Zentimeter breiten Bohrpfähle werden sich etwa zwölf bis 15 Meter in den Münchner Schotterboden fressen. Auf Höhe der Betriebsstationen sowie des Abzweigtunnels zur Garmischer Autobahn sind sogar 30 Meter Tiefe notwendig.

Die Autos müssen derweil das Baufeld räumen. Dies geschieht ähnlich wie an der Baustelle des mittlerweile fertiggestellten Ringtunnels Ost - über verschwenkte Fahrbahnen, die teilweise unangenehm nah, bis auf etwa drei Meter, an die Wohnhäuser heranrücken. Diese Spuren, auf denen maximal Tempo 40 herrscht, müssen je nach Bauphase immer wieder an andere Stellen verlegt werden.

Allein die provisorische Verkehrsführung während des Tunnelbaus kostet Wittmann zufolge 34 Millionen Euro. Gebaut und damit verschwenkt wird stets an mehreren Stellen gleichzeitig, die gesamte Baustelle ist immerhin drei Kilometer lang. Mit wenigen Ausnahmen - auf der Heckenstallerstraße gen Westen sowie auf der Garmischer Autobahn stadtauswärts - bleiben sämtliche Spuren erhalten. Allerdings werden einige Nebenstraßen abgehängt, die Anlieger müssen auf ungewohnten Wegen um die Blöcke kreisen.

Gebuddelt wird der insgesamt 398,5 Millionen Euro Tunnel in der sogenannten Deckelbauweise, sozusagen die Retterin des Nervenkostüms der Anwohner. Denn diese Methode ist vergleichsweise ohrenschonend - "laut, aber nicht unausstehlich", wie es Wittmann am Mittwochabend bei einem Infoabend für die Anwohner formulierte. Sobald die Decke fertig ist, können alle weiteren Arbeiten unterirdisch stattfinden. Der Aushub des Erdreichs beginnt erst 2012/2013.

1,2 Millionen Wartungs- und Unterhaltskosten pro Jahr

Das Material soll per Lastwagen über die Tunnelportale und die Autobahn abtransportiert werden. Es folgen: das Bodenfundament und der Innenausbau, schließlich die Fahrbahnen und die technischen Anlagen, die am Luise-Kiesselbach-Platz so umfangreich sind, dass vier Betriebsstationen benötigt werden. Ist die Röhre erst einmal fertig, verschlingt sie pro Jahr 1,2 Millionen Euro an Wartungs- und Unterhaltskosten.

Streng genommen besteht die neue Röhre Südwest, Nummer drei im Forderungskatalog des Bürgerentscheids von 1996, aus drei Bauwerken: einem 1500 Meter langen Tunnel zwischen Westpark und Murnauer Straße, einem 400-Meter-Straßentrog in der Heckenstallerstraße und einem weiteren Tunnel auf 620 Meter Länge in der östlichen Heckenstallerstraße - dort wird es, wie am Petuelpark, gar keine Autos mehr an der Oberfläche geben. Am kompliziertesten gestaltet sich Bauwerk am Luise-Kiesselbach-Platz, wo die Garmischer Autobahn über unterirdische Seitenarme angebunden wird. Die neu gestaltete Oberfläche soll erst 2017 fertig sein.

© SZ vom 04.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: