Tricksereien bei der CSU:Sperriger Sündenbock

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Die Münchner CSU möchte unter interne Intrigen einen Schlussstrich ziehen. Aber dabei machen nicht alle mit, die es sollen

Von Andreas Glas, München

Er habe bis jetzt nichts gehört, sagt Frank Gübner am Donnerstagnachmittag, aber er rechne damit, "dass da noch was kommt". Dass der CSU-Nachwuchspolitiker Laurenz Kiefer die Strafe also nicht akzeptieren wird, die ihm die Münchner Parteispitze um Ludwig Spaenle Mittwochabend aufgebrummt hat, dass Kiefers Anwalt Einspruch einlegen wird. Sein gutes Recht sei das, sagt CSU-Bezirksgeschäftsführer Gübner. Aber jeder weiß, dass Kiefers Sturheit der Parteispitze nicht passt. Eigentlich hatte Spaenle gesagt, die Sache mit den Intrigen und den Tricksereien sei jetzt "abgearbeitet". Doch solange sich Kiefer querstellt, ist sie das nicht.

Sechs Monate Ämtersperre, mit sofortiger Wirkung. Das ist die Strafe, um die es geht. Das ist die Strafe, die der Parteivorstand am Mittwoch gegen Laurenz Kiefer beschlossen hat. Der Grund: Kiefer, derzeit Vorsitzender der Jungen Union (JU) in Neuhausen-Oberwiesenfeld, hatte sich die kompletten Mitgliederdaten des gesamten JU-Kreisverbands besorgt, um damit Werbung für sich selbst bei der anstehenden Wahl zum JU-Kreisvorsitzenden zu machen - für die Parteispitze ein klarer Verstoß gegen den Datenschutz. Der an der Aktion mitbeteiligte Kreisschatzmeister ist deshalb bereits zurückgetreten. Kiefer dagegen lehnt das bislang ab. Er wolle sich "nicht zum Sündenbock für das desolate parteipolitische und öffentlich gemachte Erscheinungsbild des CSU-Kreisverbandes machen" lassen.

Kiefer spielt damit auf die Vorgänge im Kreisverband München-Mitte an, wo es zuletzt vor parteiinternen Wahlen ungewöhnlich viele Übertritte von Mitgliedern in andere Ortsverbände und Neueintritte gegeben hat. Dahinter stand offenbar der Versuch einiger Nachwuchspolitiker, Widersacher auszuschalten, um sich selbst für Bundes- und Landtagsmandate in Stellung zu bringen. Einige in der Partei fühlten sich deswegen an die Wahlfälscheraffäre vor zehn Jahren erinnert, als junge Parteimitglieder in großem Stil Neumitglieder geworben hatten, um etablierte Funktionäre zu stürzen. Anders als heute war damals als Gegenleistung sogar Geld geflossen.

Formal hat Kiefer nun zwei Wochen Zeit, um Einspruch beim Parteischiedsgericht einzulegen. Dass er diese zwei Wochen ausreizt, ist aber nicht zu erwarten, schließlich steht bereits am Samstag die Wahl zum Kreisvorsitzenden der JU an, bei der Kiefer kandidieren will. Wahrscheinlicher ist es, dass er seinen Einspruch noch vor der Wahl einlegt - allerdings so knapp vorher, dass das Schiedsgericht nicht mehr im Schnellverfahren entscheiden kann. Denn laut CSU-Satzung wird Kiefers Strafe erst wirksam, wenn sie "unanfechtbar geworden ist", wenn also das Schiedsgericht seinen Einspruch abgewiesen hat. Geschieht das nicht mehr vor der Samstags-Wahl, könnte Kiefer antreten und sich zum JU-Chef wählen lassen - gegen den Willen der Parteispitze, die jetzt eigentlich aufräumen wollte.

© SZ vom 10.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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