Theater, Bars und Bücher:Auf Spurensuche

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Auf dem Bogenhauser Friedhof ist Erich Kästner begraben. (Foto: Florian Peljak)

Die Germanistin Nathalie Jakobsen bietet Führungen für Fans des Schriftstellers

Von Günther Knoll, München

Ja, auch in München gibt es eine Erich-Kästner-Straße. Gut 300 Meter lang führt sie nördlich des Hohenzollernplatzes durch Schwabing. Direkt zu tun mit dem Schriftsteller und Dichter hat die Straße nichts. Dass sich dort aber auch ein Lokal namens "Lebenslust" befindet, wäre wohl in seinem Sinn gewesen. Und dass sich eine Realschule im Hasenbergl auf ausdrücklichen Wunsch der Schüler nach ihm benannt hat, das dürfte dem Kinderfreund Kästner ganz besonders recht sein.

"Warum rackere ich mich ab, statt, die feingliedrigen Händchen auf dem Rücken verschlungen' im Walde so für mich hin' zu gehen?", fragt Kästner, bald nachdem er nach dem Krieg in München Heimat und Arbeit gefunden hat. Und antwortet sich gleich selbst: "Weil es nötig ist, dass jemand den täglichen Kram erledigt, und weil es viel zu wenig Leute gibt, die wollen und können." Zur Berühmtheit, ein erklärtes Ziel des jungen Kästner, ist er da längst geworden, auch ohne Straßen und Schulen, die seinen Namen tragen.

Vielen sei gar nicht bewusst, dass Kästner bis zu seinem Tod 1974 fast dreißig Jahre lang in München lebte, sagt Nathalie Jacobsen. Die Germanistin, Theaterpädagogin und Historikerin ist ausgewiesene Kästner-Expertin und, wie man im Gespräch mit ihr schnell spürt, auch Kästner-Fan. Für den Veranstalter Stattreisen bietet sie spezielle Kästner-Führungen durch München an. Dabei führt sie die Teilnehmer nicht nur an Orte, an denen auch Kästner war, sie weiß auch viele interessante Details aus dessen Leben zu erzählen und hat zu allem das passende Zitat aus dem umfangreichen Werk des Autors parat. So schafft sie es, mit Hilfe der Münchner Schauplätze Kästners ganzes Leben Revue passieren zu lassen.

Die Führung beginnt an den Kammerspielen, wo nach dem Krieg das Kabarett "Schaubude" mit dem Autor Kästner die ersten Auftritte feierte. Später wurde dort auch sein Theaterstück "Die Schule der Diktatoren" uraufgeführt. Dass Kästner dem Theater sehr verbunden war, diese Facette wird vor der Staatsoper, dem Residenztheater und dem Nationaltheater erörtert. Nathalie Jacobsen gerät nachträglich ins Schwärmen, wenn sie sich an die Resi-Inszenierung von "Pünktchen und Anton" erinnert, da hätten 900 Kinder mitgefiebert. Die richtige Atmosphäre zum "Dichten und Denken" findet Kästner in den Schwabinger Cafés, im Café Leopold, im "Feilinger". Sie dienen ihm als Büro, wie die Teilnehmer am Tambosi vor dem Hofgarten erfahren. In dessen Arkaden geht es dann um das Kapitel Kunst und Kästners Rolle in der NS-Zeit. Über diese den großen Roman zu schreiben, das war laut Jacobsen das eigentliche Ziel des Schriftstellers, doch daran scheiterte er. Hinter der Staatsbibliothek, wo sich die Jugendbibliothek zuerst befand, ist dann der Kinderbuchautor an der Reihe. Als solcher sei Kästner ja den meisten ein Begriff, sagt Jacobsen.

Nach einem Schlenker in die Schellingstraße, wo die Redaktion der Neuen Zeitung war, folgt die Etappe Universität. Dort geht es um Kästners Engagement gegen Kriege, Atomwaffen und Zensur. An seiner ersten Wohnung in der Fuchsstraße ist Endstation der Führung. Auf die späten Jahre mit Bars, Nachtlokalen und reichlich Alkoholgenuss gehe sie "bewusst" nicht detailliert ein, sagt Jacobsen. Kästner sei ein "Zerrissener" gewesen, aber "er wollte wirklich gut sein".

Die nächsten Kästner-Führungen: 4. Oktober, 11 Uhr; 21.November, 10 Uhr; 12. Dezember, 16 Uhr, 16. Januar, 14 Uhr; 6. Februar, 14 Uhr; Treffpunkt: Münchner Kammerspiele, Dauer eineinhalb bis zwei Stunden.

© SZ vom 23.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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