Szene München:Versteckt und verspielt

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Eine Bar in München: Alles ganz normal. (Foto: Stephan Rumpf)

Überraschende Bar-Konzepte sucht man in München vergeblich. Die Barbetreiber der Stadt sollten sich ein Beispiel an Rom nehmen: In der italienischen Metropole gibt es Orte, die so geheim sind, dass sich garantiert kein Tourist dorthin verirrt.

Eine Kolumne von Philipp Crone

Ausgehen ist nicht nur Tanz, Tratsch und Trank. Wer Bars und Clubs besucht, will etwas erleben, unterhalten und überrascht werden. Ein wenig Nervenkitzel, sei es durch eine neue Bekanntschaft, durch ausgiebige Gruppenfeiern oder auch durch die örtlichen Gegebenheiten. Bei Letzteren ist es nun allerdings in München so, dass Überraschung kaum vorkommt. Die Bar Reichenbach, ein selbst ernanntes Speak-Easy? Lässt jeden ein, der klingelt.

Das ehemalige Striplokal Pigalle? Hat zwar noch die mit einer Spiegelwand umgebende Poledance-Stange, aber hier werden nur kleine Konzerte oder gelegentlich fast züchtige Burlesk-Vorführungen gegeben. Kaum jemand setzt in dieser Stadt einmal ein Konzept abseits des Bar-Mainstreams richtig um. Wichtig ist in erster Linie, dass ein neues Angebot möglichst viele Gäste anspricht.

In Rom ist das anders. Das Speak-Easy Circolo Coda di Gallo findet niemand, der nicht von ihm weiß. Direkt am Campo de' Fiori: ein Klingelschild mit 20 Namen, und dann muss man dem Herren an der Gegensprechanlage das richtige Monatscodewort aufsagen. Erst dann geht es in ein Kellergewölbe, in dem feine Cocktails kredenzt werden.

Noch schwieriger zu finden ist der Club Papageno nahe dem Ausgehviertel Testaccio , der von außen wie ein Café wirkt. Verwunderlich nur, warum um drei Uhr morgens rauchende Menschen vor der Tür stehen. Drinnen: Leere, nur der Mann, der nach dem Namen auf der Gästeliste fragt.

Es geht durch einen Gang, an den Toiletten vorbei, am Ende ist eine Tür zu einem alten Münztelefon und neben dem Fernsprecher an der Rückwand ein zweiter Griff. Die Tür geht auf, Elektrobeats und Laserstrahlen kommen einem entgegen, es ist ein riesiges Fake-Wohnzimmer voller tanzender Römer.

Nun könnte man denken, die Einheimischen wollen sich durch Geheimhaltung vor Touristen schützen, doch wahrscheinlich erkennen manche Clubbetreiber am Tiber vielmehr, dass das Spielerische, eben Überraschende den Genuss des Abends beflügelt - in jeder Stadt.

© SZ vom 20.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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