Szene München:Aufruf an die Damenwelt

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Nach Sperrstunde in einer Kneipe Luftgitarre spielen: Eine Disziplin in der Frauen noch aufholen könnten. (Foto: lok)

Sie tragen ausgebeulte Jeans, flache Turnschuhe und spendieren Drinks: Die Emanzipation der Frauen ist weit fortgeschritten. Nur nachts in den Kneipen ist der Kampf um die Gleichberechtigung leider noch nicht gewonnen.

Von Jakob Biazza

Über die absolute Aktualität lässt sich nur spekulieren. Männer kommen mit Trends in der Damenmode, wenn überhaupt, schließlich eher in Schüben in Berührung. Um etwas Nachsicht bei der exakten zeitlichen Einordnung wird also gebeten. Aber zwei Beobachtungen drängten sich jüngst auf - die eine zu begrüßen, die andere tragisch. Beide betreffen das Feld Emanzipation und die erste geht so: Frauen ziehen sich beim Weggehen seit einiger Zeit anders an. Kumpelhafter irgendwie - aber in gut. Flache Schuhe. Die Hemden hochgeschlossen. Ausgebeulte Pullover manchmal gar.

Frauen, die die Absätze noch sehr hoch, die Ausschnitte sehr tief und die Röcke sehr kurz tragen, bestätigen auch Kolleginnen, die sich mit beidem auskennen - Mode und Partys -, betonen momentan mit Nachdruck, dass sie zu Besuch aus (nur zum Beispiel jetzt) Rosenheim sind. Und weil das Sein beim Feiern das Bewusstsein noch etwas mehr bestimmt als anderswo, setzt sich dieser Trend sehr erfreulich fort: Die Damenwelt lädt verstärkt zu Drinks ein, sie zahlt das Taxi und bestimmt, wann es zu wem fährt. Wir wären da also durchaus auf einem guten Weg, wenn, ja wenn es nicht die zweite Beobachtung gäbe.

Die beginnt, wenn die Bars schließen, und ist eine Geschichte männlicher Einsamkeit. Wenn der Typ hinterm Tresen endlich "geschlossene Gesellschaft" gerufen und die erste Indoor-Zigarette des Abends angezündet hat, wenn das klägliche Häufchen Restgäste sich zu Pearl Jams "Alive" in ausladende Luftgitarrenposen wirft, dann sind Frauen: nicht da. Und das ist ja falsch. Es soll dies also auch ein Aufruf sein. Liebe Damen, die Emanzipation geht immer noch weiter. Die nächste Stufe: Wenn auch ihr nach Sperrstunde Eddie Van Halens beste Tapping-Soli pantomimisch mittanzt.

© SZ vom 23.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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