SZenario:Wenn ein Bauch durch Paris flaniert

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Paris-Liebhaber Vincent Klink (links) und Johannes Willms (Foto: Catherina Hess)

Sternekoch Vincent Klink stellt ein Buch vor, ohne darüber zu sprechen

Von Eva-Elisabeth Fischer, München

Roter, lässig geschwungener Schal um den Hals - so sieht er aus, der angesagte Look zweier älterer Herren fürs Verbal-Pingpong vor Publikum. Sternekoch Vincent Klink trifft am Montagabend auf den Historiker Johannes Willms. Gesprochen wird über Klinks neues Buch "Ein Bauch spaziert durch Paris", serviert wird den Gästen im Restaurant des Literaturhauses dazu ein dreigängiges Menü. Schnell ist klar: Dieses Buch wird es schwer haben an diesem Abend, an dem sich zwei Paris-Kenner über Paris unterhalten, und dann kommt Klink auch noch so eloquent und kultiviert vom Hölzchen in vielen Anekdoten aufs Stöckchen, dass die Gäste den Blick gar nicht mehr auf ihre Teller senken möchten. Als ordentlicher Sternekoch weiß Klink selbstverständlich, die Spannung zu steigern: Zum Buch und Klinks kulinarische Entdeckungen kommen die beiden Herren in Schals so schnell nicht, erst einmal wird der Hauptgang serviert: geschmorte Ochsenbackerln mit Selleriecrème und Artischocke, ein mürber, cremiger, aromatischer Zungenschmeichler, zubereitet von Küchenchef Andreas Görgmayr. Den wird Klink am Ende überschwänglich loben und ihn fragen, wie er das nur schaffe, für so viele Leute zu kochen - er könne das nicht.

Schlau ist er - und Schwabe durch und durch, will für alles bezahlt werden, was er macht, selbst wenn er mit seiner Jazz-Combo unterwegs ist. Und dann hat Klink ja auch noch seine Sendung als Fernsehkoch. Jetzt aber wirbt er für sein Buch - sollte man meinen. Der Mann braucht schließlich Einkünfte, 6000 Euro Umsatz muss er in seinem Restaurant Wielandshöhe täglich machen. Bei seinen Parisausflügen an den freien Tagen sonntags und montags verfrisst er, was übrig bleibt. Sagt er.

In Willms findet Klink einen, mit dem er neben der Liebe zu Paris auch die zum exzessiven Genuss teilt. Wobei Paris das göttliche Pflaster sein kann für Himmlisches etwa in einem Bistro, wo für Klink dank des reichlichen Weingenusses "nachmittags um fünf tiefste Nacht bis zum nächsten Morgen war". Ein Bistro in Paris, das könne ja heute alles sein. Ein riesiger Reinfall, oder eine kulinarische Offenbarung, wie sein Lieblingsziel im Viertel Montparnasse. Er schwärmt vom Besuch im Eiffelturm-Restaurant von Alain Ducasse, dem besten Koch der Welt. Da ist schon der Weg zur Tafel ein Erlebnis: Jeder Gast fährt einzeln in einem separaten Aufzug nach oben. "Die Kellner dort können Sie nicht mit den deutschen Holpertypen vergleichen", sagt er. Auch deshalb logiert er bevorzugt im Bristol, dem besten Hotel der Stadt mit einer Personaldeckung von 500 bei 120 Zimmern. Und auch deshalb möchte er wohl gern sein Buch verkaufen. Doch das wird bis zum Dessert nur indirekt erwähnt.

Aber so ist das, wenn sich Paris-Kenner vor Publikum über diese wunderbare Stadt unterhalten. Da fällt bei seiner Vorstellung das Buch zum Thema einfach unter den Tisch.

© SZ vom 03.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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