SZenario:Liebenswerter Zauderer

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Auch wenn er hier, im Gespräch mit BR-Mann Christoph Deumling, den Finger hebt: Peter Haber ist selten streng. Links: Regisseurin Pia Strietmann. (Foto: Florian Peljak)

Den Schauspieler Peter Haber aus Schweden kennen viele aus dem ZDF als Kommissar Beck. Nun wirbt er für seinen neuen Film "Sturköpfe"

Von Gerhard Fischer

Donnerstag, 16.20 Uhr. Peter Haber sitzt in einem Lokal im Lehel und spricht mit einem Hörfunk-Reporter. Es ist eigenartig, ihn hier zu sehen, ihn, den Kommissar Beck aus Schweden. Er gehört nach Stockholm, in ein Büro, wo er mit Gunvald streitet, in ein rotes Holzhaus, in dem gerade ein Mensch massakriert worden ist, oder auf einen Balkon mit seinem sonderbaren Nachbarn, der so grandios von Ingvar Hirdvall dargestellt wird. Und wenn er schon in einem Lokal sitzt, dann doch in Stockholm mit Inger, der Filmtochter, da können sie wieder so herrlich aneinander vorbeireden.

Peter Haber ist aber ausnahmsweise nicht Kommissar Beck. Er ist in München, um für seinen neuen Film "Sturköpfe" zu werben, der am Freitag, 4. Dezember, in der ARD laufen wird. Er spielt darin den Unternehmer Theo Olsson, der plötzlich erblindet. Theo ist sehr unleidig, sehr ungerecht, sehr stur. Aber die Reha-Trainerin Sissi, gespielt von Alwara Höfels, kann auch sehr stur sein.

16.30 Uhr. Das Interview ist vorbei, Peter Haber steht auf und geht an die Bar. Er wirkt ein bisschen erschöpft. Haber redet schon seit Mittag mit den Medien, und gleich geht es weiter zur BR-Abendschau. Er nimmt einen Schluck Wasser und blickt in den Raum. Die Leute im Lokal drehen sich nicht nach ihm um. In Schweden ist Haber ein Star, da könnte er nicht einfach an einer Bar stehen. In Schweden kämen die Leute "leider oft" auf ihn zu, erzählt er. "Die wollen heute keine Autogramme mehr, die wollen Selfies." Er sagt dann oft, er sei erkältet oder habe schlecht Laune, manchmal sagt er auch direkt: "Ich will das gerade nicht." Manchmal schafft er es, Grenzen zu setzen.

16.35 Uhr. Das Taxi, das Haber ins Fernsehstudio nach Freimann bringen wird, steht vor der Tür. Pia Strietmann, die Regisseurin von "Sturköpfe", fährt auch mit. Sie sind vertraut miteinander, mal ziehen sie sich gegenseitig auf, mal loben sie sich. Peter Haber erzählt, dass er erst drei Tage vor Drehbeginn mit einer Blindenlehrerin geübt habe. Und dann musste er funktionieren. Offenbar tat er das gut. "Er hat fast immer ohne Sonnenbrille gespielt", sagt Strietmann. Das ist ein großes Lob. Hinter einer Sonnenbrille könnte man gut verstecken, dass ein Blinder eigentlich ein Sehender ist. Aber ohne Brille? "Man muss die Augen tot machen", sagt Haber.

Er kann sehr gut deutsch, und es hört sich ohnehin immer charmant an, wenn ein Skandinavier deutsch spricht. Habers Vater war Deutscher; er verbrachte als Kind fast jeden Sommer in Remscheid.

17.10 Uhr. Das Taxi kommt beim Bayerischen Rundfunk an. Haber bittet darum, ein paar Minuten alleine zu sein. Den ganzen Tag reden, in einer Fremdsprache und immer über das Gleiche, den Film, das macht müde. Er geht in einen Gäste-Raum. Aber bald kommt der Moderator der Abendschau, Christoph Deumling, zum Vorgespräch, und dann muss er gleich in die Maske. Haber zieht sich rasch um, er hat jetzt ein sehr buntes Hemd an. "Als Kontrast zu dem dunklen Theo", sagt er und lächelt. Haber lacht nie laut. Er lächelt. Manchmal wirkt er fast schüchtern. Er ist ein bisschen wie Kommissar Beck: zweifelnd, zaudernd. Aber er ist unglaublich liebenswert in seiner Art.

18.19 Uhr. Deumling, der zuvor Beiträge über Salman Rushdie und die Nürnberger Prozesse anmoderiert hat, bittet die beiden auf seine Couch. Habers Hemd steht jetzt in wunderbarem Kontrast zu Deumlings Nadelstreifen-Jackett. Es folgt ein Einspieler von "Sturköpfe". Man ahnt, wie souverän Haber den Theo spielt. Deumling fragt Pia Strietmann, wie er am Set so sei und sie antwortet knapp: "Okay." Das ist ein Witz. Sie hat früher mal gesagt, Haber sei "wunderbar". Er nehme die Arbeit "sehr ernst" und arbeite "akribisch".

Deumling fragt ein paar Sachen ab, etwa ob sie, Haber und Strietmann, stur seien (wegen des Titels Sturköpfe). Haber wirkt angenehm und unprätentiös, aber richtig ins Reden kommt er nicht. Kann er nicht kommen. Es wäre interessant gewesen zu erfahren, weshalb er die Schweden für strenger hält als die Deutschen, und warum er wirklich glaubt, er wäre in der Realität ein schlechter Polizist; aber Deumling geht nicht in die Tiefe. Das liegt am Format. Sechs Minuten haben sie für das Gespräch. Das ist nichts.

18.30 Uhr. Pia Strietmann und Haber sind mit einer BR-Dame und ihren Agentinnen hinter der Bühne. Warten. Die beiden sollen noch das Bayernlos ziehen. Professionell machen sie auch das, und sie stehen jetzt dem zweiten Moderator Michael Harles Rede und Antwort. Haber sagt auf die Frage, was er an Bayern möge: Fußball, Theater "und manchmal ein Bier". Strietmann macht einen Witz über Fußball, er geht etwas unter, aber das liegt nicht an ihr; es ist ein Rätsel, warum er nicht zündet - vielleicht ist das Format schuld, das Wetter, der Kaiser oder der DFB.

18.45 Uhr. Es ist vorbei. Peter Haber geht in den Gäste-Raum, zieht das bunte Hemd aus, verstaut es im Koffer. Sie gehen dann essen. Haber wird hoffen, dort nicht erkannt zu werden.

© SZ vom 21.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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