SZenario:Klatschen für den Klatsch

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Liz Hurley mit britischem Humor, Bar Refaeli den Tränen nahe und Patrick Arnold Schwarzenegger als Comedian: "People", Amerikas größtes Boulevardblatt, vergibt einen Style-Award

Von Philipp Crone, München

Liz Hurley muss nicht lange überlegen. Die 50-jährige Schauspielerin aus England ("Austin Powers", "Gossip Girl") blickt einmal kurz in den Saal, wo gleich das Gala-Dinner serviert wird, und nebenbei auch ein paar Auszeichnungen vergeben werden. Warum Klatsch und Tratsch, wie ihn das People-Magazin in den USA seit 40 Jahren wöchentlich liefert, die Menschen so faszinieren? "Escapism", sagt Hurley mit rauer Stimme und lächelt. "Sie flüchten aus der Wirklichkeit des Alltags in eine andere Welt, eine Traumwelt." In eine, wie sie der deutsche People-Ableger am Montagabend im Festsaal des Hotels Vier Jahreszeiten erschafft. Und wovon träumen die Menschen dann? Von ganz unterschiedlichen Dingen.

"Von tollen Outfits auf jeden Fall", sagt Hurley und schüttelt ihr Haar über das weinrote Spitzenkleid. Deshalb werden die weiblichen Gäste auf dem roten Teppich zu Beginn der Preisverleihung "People Style Awards" auch an jeder Mikrofonstation nach der Kleidermarke gefragt. Die erstmals vergebene Auszeichnung wird in sieben verschiedenen Kategorien verliehen wie etwa Model, Schauspieler oder Newcomer.

Am Eingang steht Tom Junkersdorf, Chefredakteur des Magazins in Deutschland. Die US-Schwester verkauft jede Woche 3,5 Millionen Hefte, in denen es um schmutzige Trennungen, märchenhafte Hochzeiten, bezaubernde Auftritte, lang ersehnte Schwangerschaften, wöchentliche Kosmetik-Tipps, verziehene Seitensprünge und dergleichen geht. Schicksalhaftes in jeglicher Form. "Wir gehen respektvoll mit den Stars um", sagt Junkersdorf und fährt sich durch das lange silbergraue Haar. "Wenn jemand einen Life-Changing-Moment erlebt, überlegen wir zusammen, wie wir das medial begleiten." Das klingt dann auf der Titelseite so: "Herzogin Kate: So kämpft sie um ihren Ruf", Leonardo DiCaprios Erfolg bei den Oscars ("Warum sich die ganze Welt mit ihm freut") oder die exklusive Geschichte über den "Absturz der Tennis-Queen" Angelique Kerber.

"Stars sind eine Projektionsfläche", sagt Junkersdorf. An ihnen könne man sehen, was man wolle: Dass es ihnen auch nicht besser geht als einem selbst (Kerber) oder sich mit ihnen freuen (DiCaprio). Und Hurley sagt: "Gerade heute, wo von allen Seiten immer neue schlechte Nachrichten auf einen einprasseln, bringt die Entertainment-Branche die positiven Momente des Lebens." Das sei ganz ähnlich wie beim Sport, sagt Junkersdorf: Flucht in eine ganz andere Welt.

Schöne Kleider, schöne Menschen, schöne Geschichten. Model Franziska Knuppe erzählt, dass sie Klatsch sehr gerne lese, beim Friseur, "raus aus dem Alltag". Und Schauspielerin Jessica Schwarz ("Jesus liebt mich") ist ohnehin sehr geprägt von den bunten Blättern. "Meine Eltern hatten einen Zeitschriftenladen, ich bin mit Mode-Magazinen aufgewachsen." In denen ist seit Jahren das israelische Model Bar Refaeli zu sehen. Am Montag läuft sie mit ihrer Mutter über den roten Teppich, referiert kurz angebunden über Style, um den geht es ja schließlich. "Ich kleide mich, wie ich mich fühle, mal boyish, mal girlie."

Wunderbare Escapism-Geschichte: Die bildschöne Refaeli, früher Freundin von DiCaprio (der sie dann mit Rihanna betrogen hat), lernt einen Landsmann kennen, flirtet noch einmal mit Mick Jagger, es droht, alles wieder schief zu gehen - und wird dann schwanger. Als sie im Saal ihren Preis entgegennimmt, sagt die 30-Jährige: "Ich bin kurz davor zu weinen." Die Gäste haben ihrer Mutter kurz zuvor ein Geburtstagsständchen gesungen. Refaeli sagt ganz gerührt: "Vielleicht liegt es aber auch nur an den Hormonen." Hach, denken die Klatschleser, Humor hat sie auch noch! Genauso wie Patrick Arnold Schwarzenegger.

Der 22-jährige Sohn des US-Schauspielers muss zunächst auf dem Teppich posieren, aber beim Versuch eines bösen Terminator-Blicks muss er jedes Mal grinsen. Dauernd ruft ihm ein Fotograf "Hasta la vista, Baby!" zu. "Mein Deutsch nicht sehr gut", sagt er später. Schwarzenegger ist ja längst nicht mehr nur Sohn, sondern auch selbst für Klatschgeschichten zuständig, etwa durch seine Liaison mit Musikerin Miley Cyrus. Demnächst ist er nun in seiner zweiten Hauptrolle zu sehen in "Midnight Sun". Ein zurückhaltender junger Mann steht da auf dem Teppich, der sich bei der Preisverleihung (Bester Newcomer International) mit den Worten verabschiedet: "I'll be back", Pause, grinsen, "to eat more Kaiserschmarrn and Wiener Schnitzel."

Den besten Auftritt legt aber Hurley hin. Auch ihre Geschichte ist ja ein Märchen mit Höhen und Tiefen. Aus der Provinz macht sie sich als junge Frau auf nach London, ihr erster Filmauftritt ist eine Nacktrolle, sie lernt Hugh Grant kennen, 13 Jahre ist sie mit ihm zusammen, er hat Affären, sie trennt sich von ihm und wird nach einer Kurz-Liaison mit einem Milliardär schwanger, lernt einen Textil-Erben kennen, Traumhochzeit mit Musik von Elton John, Trennung, Verlobung mit einem Cricket-Spieler, Trennung, heute ist Hurley knallharte "Business-Woman und Single-Mom", sagt sie am Montag. Um 4.30 aufgestanden, um nach München zu fliegen und um 19 Uhr von der britischen Monarchie zu schwärmen, "ich bin so ein großer Fan der Royals!" Sie meint die echten im Buckingham Palace. Hurley spielt derzeit auch in einer gleichnamigen Serie die Königin Helena. "Wenn ihr in Deutschland eine Königin hättet und einen König, das wäre doch wundervoll!" Schelmisches Grinsen, bedeutet: Habt ihr aber nicht.

Liz Hurley wird als Letzte ausgezeichnet (Style International) und liest herrlich verwaschen einen deutschen Text von einem Zettel ab. "Eines meiner Lieblingsschlander" sei Deutschland, und nach diesem Preis natürlich das Lieblingsland. Riesenjubel der 150 Gäste. Die Profis wissen eben, was man sagen muss zu den Liebhabern der Traumwelten: einfach einen märchenhaft kitschigen Satz.

© SZ vom 09.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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