Simon Schwarz und Sebastian Bezzel drängeln sich auf ein Foto mit Rosalie Thomass und Lisa Potthoff, die sich gerade eine adventlich ernste Miene aufgesetzt haben. Potthoff dreht sich zur Seite und raunzt: "Meint ihr wirklich, dass das Bild dann schöner wird?" Schwarz grinst breit und sagt sofort: "Nein, aber interessanter."
Zwischen Quatsch und Contenance liegen am Freitagabend im Blue Spa des Bayerischen Hofes oft nur Zehntelsekunden. Die Gäste des ARD-Adventsempfangs haben sich hergerichtet und warten am Eingang, um den Gastgeber zu begrüßen und anschließend artig Fotos mit Hostessen in Weihnachtsmannkostümen zu machen, bei denen alle sofort Schweißausbrüche und Grinseattacken kriegen. Wer soll da ernst bleiben? Schauspieler, die hier in der Mehrzahl sind, schon gar nicht.
So wie es gute Tradition ist an diesem Abend, dass Programmchef Volker Herres das abgelaufene ARD-Jahr preist, so sehr freuen sich die Gäste darauf, mit anderen Unernsten einen albernen Abend zu verbringen. Schwarz versucht, so ernst wie möglich die Weihnachtsfragen der Reporter zu beantworten, dabei würde er mit den ARD-Kollegen lieber über seinen ersten Kinofilm als Produzent sprechen. "Zerschlag mein Herz" mit Roma-Laiendarstellern. Aber nein, es gibt nur Fragen zu Weihnachten, was gekocht wird zum Beispiel. Da kann Jürgen Tarrach allerdings keiner schlagen, der passionierte Koch wird ein römisches Wildschweingericht servieren, cinghiale in agrodolce, "klingt das nicht wunderbar"?
Neben ihm stellt sich Rosalie Thomass, die nach ihrer Babypause im kommenden Jahr wieder dreht, mit einem "Ja! Sopa!" zum nächsten Foto auf. So klingt ein Bayer, wenn er höflich ist, aber eigentlich keinen Bock hat. Thomass tritt danach zur Seite, dass ein Absatz ihrer Schuhe im Lüftungsgitter stecken bleibt. Dann die Schuhe eben aus, ist eh ein Spa. Clemens Schick lächelt nur bei dem Malheur und spricht von einem großen ARD-Projekt in 2017, mehr darf er noch nicht sagen. Da ist Florian David Fitz schon auskunftsfreudiger. Er untergräbt mit seiner Streetfighter-Jacke den Dresscode gekonnt und hört Lars Eidinger so gut Interesse heuchelnd zu bei dessen Interview über das überraschende Thema Weihnachten, dass der aus seinen mit Miniglitter eingeglitzerten Augen ("die hat der immer") verdutzt herüber schaut.
Und als Eidinger auch noch Bibiana Beglau sichtet im Hintergrund, in einem schwer goldenen Kleid, das als geschmückter Weihnachtsbaum der Zwanzigerjahre durchgehen würde ("Ich gehe als goldene Kugel!"), vergisst er für einen Moment, was er sagen wollte. Fitz springt ein und gibt seine Weihnachtsgeschichte zu Protokoll: Die Familie sei einmal bei ihm gewesen, und weil er den Baum schon früh gekauft und reingestellt habe, sei der am 24. Dezember wunderbar gelb gewesen. "Also bin ich in den Baumarkt und wollte den Baum grün ansprayen."
In dem Moment betritt Christiane Paul den Raum, die frisch gekürte Emmy-Gewinnerin, und ist sofort von Mikrofonen umringt. Der Film "Unterm Radar", für den sie die Auszeichnung bekam, wurde auch von der ARD mitproduziert. Zwei Wochen ist das her, dass sie den Award in New York entgegennahm, "und so langsam geht das Leben wieder weiter", sagt sie. Aber bei dem Gedanken an die Auszeichnung bekommt sie gleich wieder feuchte Augen. Eine nicht wasserfeste Wimperntusche ist in einem Spa natürlich ein Fehler.
Gut, dass Volker Herres jetzt zur Rede schreitet. Fitz hockt sich im Schneidersitz in eine Ecke, Thomass stellt sich dazu, die beiden entdecken eine mechanische Waage, die offenbar viel spannender ist als die Rede, in der Worte wie "indes" vorkommen. So würde kein Mensch in einem Film sprechen. Es ist dann auch gerade deshalb irgendwie fast wie ein richtiger Weihnachtsabend. Das ARD-Oberhaupt hält seine gravitätische Rede, aber die Kinder um den Baum mit der Goldkugel Beglau wollen eigentlich die ganze Zeit nur spielen.