SZenario:Ein Quantum Nervenkitzel

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Ein Mann, ein Buch, eine Bühne: Ken Follett im Literaturhaus. (Foto: Catherina Hess)

Als Kind wollte Ken Follett Geheimagent werden, erzählt der Bestseller-Autor im Literaturhaus. Das hat zwar nicht geklappt, dafür erschafft er jetzt ganze Geheimdienstwelten

Von Tobias Mayr, München

300 Gäste, absolute Stille, eine leere Bühne. Was ist da los? Noch sind es zehn Minuten, bis Ken Follett im Literaturhaus auftritt, doch das Publikum ist offenbar so gespannt, dass es schon jetzt sämtliche Gespräche einstellt. Der Brite scheint nicht nur in seinen Büchern ein Profi darin zu sein, Spannung zu erzeugen. Über seine Romane heißt es, dass man sie, einmal begonnen, nicht mehr zur Seite legen kann.

Doch noch ziert sich der Schriftsteller am Donnerstagabend. Anstatt seiner selbst, zeigt er lieber einen viertelstündigen Film über die Recherche zu seinem neuen Buch "das Fundament der Ewigkeit". Unterlegt mit epischer Musik, inszeniert sich der Autor als Historiker, der auf jedes Detail in seinen Geschichten wert legt. Es überrascht, dass Ken Follett die Anekdoten der europaweiten Recherche nicht selbst erzählt, denn der 68-Jährige führt danach souverän und professionell durch den Abend - ganz ohne Moderator.

Der Waliser spricht lange über seine Kindheit, etwa darüber, dass er bereits mit zwölf Jahren die Erwachsenenbibliothek benutzen durfte, weil er die Kinderbibliothek schon durchgelesen hatte. Ian Fleming habe es ihm damals besonders angetan. Und eigentlich wollte er selbst ein Held à la James Bond werden. "Mir fehlten jedoch die Größe und die eisblauen Augen." Bond hat ihn aber nie verlassen, davon zeugt jüngst "das Fundament der Ewigkeit", in dem die englische Königin Elizabeth Tudor den ersten Geheimdienst Europas aufzieht.

Noch bevor Follett den ersten Satz dafür zu Papier brachte, war jeder Handlungsstrang fertig durchgeplant. "Jede Seite muss so aufgebaut sein, dass sie den Drang auslöst weiterzublättern." Wie es ihm dabei gelinge, den roten Faden nicht zu verlieren, möchte ein junger Mann wissen. "Ich benutze ein Programm namens Excel - sehr praktisch", verrät der Schriftsteller. Es könne das Alter der Figuren für jedes Kapitel ausrechnen und speichere gleichzeitig alle Details über das Aussehen der Charaktere. "Nichts ist ärgerlicher für den Leser, als wenn die Figur in Kapitel zwei blaue und in Kapitel zehn braune Augen hat."

Und welche Autoren Follett selbst gerne liest? "Ich mag eigentlich alles, außer Tolkien." Am liebsten aber sei ihm historischer Stoff, besonders wenn er mit seinem Lieblingsthema Kathedralen zusammenhängt. Ihn fasziniere die Frage, warum die Leute etwas so Aufwändiges geschaffen haben. "Die Antwort ist so kompliziert, dass ich ein tausendseitiges Buch darüber schreiben musste." Er habe sich tagsüber auch die Frauenkirche genau angesehen.

Zum Abschluss verrät der Autor noch: Es könne durchaus sein, dass er ein viertes Buch der Kingsbridge Saga schreibt: "Ich habe Spaß daran, und die Leser offenbar auch."

Ken Folletts Ziel war immer, den Nervenkitzel, den er als Kind bei James Bond verspürt hat, weiterzugeben. In München beweist er, dass er es auch live kann: Die Spannung bleibt bis zum letzten Wort erhalten

© SZ vom 18.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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