SZenario:Die Erinnerung wach halten

Kardinal Reinhard Marx, Darstellerin Léonie Souchaud ("Fannys Reise") und Veronica Ferres (v. l.) trafen sich zur Filmpreis-Verleihung. (Foto: Stephan Rumpf)

Engagiert, abwechslungsreich, ehrlich - die Verleihung des Fritz-Gerlich-Preises am Mittwochabend im Schloss Nymphenburg

Von Josef Grübl, München

Was braucht man für eine gelungene Filmpreis-Verleihung? Die Tellux-Gruppe macht es am Mittwochabend vor: Das Münchner Produktionshaus hat in den Hubertussaal von Schloss Nymphenburg geladen, dort lässt es sich gut feiern. Die Gästeliste ist abwechslungsreicher als bei anderen Filmfest-Preisvergaben, hier treffen kirchliche Würdenträger wie Kardinal Reinhard Marx auf die IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch oder die Schauspieler Udo Wachtveitl und Philipp Hochmair. Deren Kollegin Veronica Ferres hat eine dem Siegerfilm angemessene Laudatio vorbereitet und trägt diese engagiert vor, auch das ist bei Veranstaltungen dieser Art nicht selbstverständlich.

Der Fritz-Gerlich-Preis ist eine der ehrlicheren Preisverleihungen des Filmfests; hier gibt es keine Starlets, die sich auf roten Teppichen verbiegen und keine Gastgeber, die sich in den Vordergrund schieben. Dieser Preis hält die Erinnerung wach an den Münchner Journalisten und Publizisten Fritz Gerlich, der als einer der engagiertesten Vertreter des Widerstandes gegen Adolf Hitler galt. Im Juni 1934 wurde er im KZ Dachau ermordet. Die nach ihm benannte Auszeichnung soll Filmemacher ermutigen, sich ähnlich entschlossen gegen Diktaturen und Intoleranz zu stellen.

Das macht das französische Historiendrama "Fannys Reise" vorbildlich, es erzählt von jüdischen Kindern, die während des Zweiten Weltkriegs in die Schweiz fliehen müssen. Ein verdienter Gewinnerfilm, leider vertrauen die Stifter nicht ganz auf seine Strahlkraft. Auch sie neigen zu der alten Preisverleihungskrankheit, immer mehr zu wollen: mehr Nebenkategorien, mehr Redner, mehr lobende Erwähnungen. Das mag für sich gesehen schon alles seine Berechtigung haben, lenkt aber insgesamt ein wenig vom ursprünglichen Gedanken des Preises ab.

© SZ vom 01.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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