Streit um den Platz auf Straßen und Wegen:Freie Fahrt für wen?

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Radfahrer und Autofahrer streiten sich oft - darüber, wer wo wie fahren darf und wann. Auch unter den SZ-Lesern ist das Thema umstritten

"Freie Fahrt für freie Biker" und "Verwirrende Regeln" vom 12. Dezember:

Straßen sind keine Autospur

In ihrem Bericht über "verwirrende Regeln" im Zusammenhang mit dem Radverkehr haben Sie sich leider selber ein wenig verwirren lassen. Ihr Autor meint, es habe sich die "Legende verbreitet", Radfahrer dürften "grundsätzlich die Autospur" benutzen. Und das sei wegen der Radwegebenutzungspflicht falsch.

Zunächst einmal: Es gibt in der Stadt normalerweise keine "Autospuren", sondern öffentliche Straßen, die von Mopeds, Fahrrädern, Autos oder auch von Traktoren und Pferdekutschen gleichermaßen benutzt werden dürfen. Straßen sind, von Schnellstraßen und Autobahnen abgesehen, nicht dem Autoverkehr vorbehalten, sondern stehen allen Verkehrsteilnehmern zur Verfügung. Deshalb dürfen Radfahrer selbstverständlich "grundsätzlich" Straßen benutzen. Sie müssen sich keineswegs beliebig auf untaugliche Sonderwege abschieben lassen. "Im Grundsatz", das heißt, in aller Regel muss ihnen die Straße offen stehen. Die Rechtsprechung sieht das genauso und fordert deshalb, dass Benutzungspflichten für Radwege nur ausnahmsweise und begründet in besonderen Gefahrenabschnitten erlassen werden dürfen. (Vgl. u.a. BVerwG vom 18.11.2010)

Das Hauptproblem dabei wird im Artikel leider völlig ausgeblendet: Die zuständigen Behörden verhängen trotzdem häufig und absolut regelwidrig weitgehende Benutzungspflichten, an die sich die Radfahrer dann aber halten müssen, obwohl sie dem Verkehrsrecht widersprechen.

Die Stadt München hat in letzter Zeit erfreulicherweise einige dieser Benutzungspflichten zurückgenommen. Allerdings gibt es hier und im Umland immer noch massenweise Beschilderungen, die rechtlich wohl nicht haltbar sind und mit denen Radfahrer auf unbrauchbare Radwege gezwungen werden. Wenn wir also darüber diskutieren, wer wo fahren darf, sollten zuallererst einmal die Behörden die Benutzungspflicht korrekt anwenden.

Wer den Radverkehr in München und Umgebung wirklich fördern will, muss vor allem eins tun: Das Bewusstsein fördern, dass sich Autofahrer und Radfahrer "grundsätzlich" die Straßen in gegenseitiger Rücksichtnahme teilen müssen. Dr. Roland Pauli, München

Miteinander statt gegeneinander

Noch eine Anmerkung zur leider oftmals falschen Auslegung der Benutzung von Fußgängerüberwegen, sogenannten Zebrastreifen, durch Radfahrer; das Radschieben ist zweifelsfrei gestattet, da man ja dann auch "zu Fuß" unterwegs ist. Wie der Name schon sagt, dienen diese als Überquerungshilfen für Fußgänger. Diese haben dort den absoluten Vorrang, gegenüber allen (ausgenommen Schienenfahrzeuge) anderen kreuzenden Verkehrsteilnehmern (vorrangig den Autos).

Einige Radfahrer, insbesondere diejenigen, die meist sehr flott und des öfteren auch sonst nicht gerne verkehrsregelkonform unterwegs sind, kümmert diese Regelung allerdings sehr wenig. Dahingestellt sei nun, ob aus Ignoranz oder aus Unwissen, wobei auch bei letzterem gilt, dass dieses nicht vor Strafe schützt.

Ein sehr heikler Kreuzungspunkt im Stadtteil Neuhausen/Nymphenburg ist der Fußgängerüberweg am nördlichen Ende der Waisenhausstraße an der Einmündung der Hohenlohestraße. Da ich die Dante-/Waisenhausstraße stadteinwärts ab und zu mit dem Pkw befahre, habe ich dort schon ein paar mal brenzlige Situationen erlebt. Mit zum Teil unverminderter Geschwindigkeit kommen Radfahrer - manchmal im Pulk und dann frei nach dem Motto: wir sind die hier die "Majorität" - von der Hohenlohestraße heraus, schlagen einen gekonnten Haken, um über den Fußweg auf den Zebrastreifen zu gelangen (würden sie auf der Straße bleiben, dann hätten ja die Autos auf der vorfahrtsberechtigten Waisenhaus-/Dantestraße Vorrang), um diesen ebenso zackig zu überqueren, um die rasante Fahrt schnurstracks auf dem Fuß-/Radweg nördlich des Kanals stadtauswärts fortzusetzen. Als ich mir einmal erlaubte, so einen "Radl-blitz" anzuhupen, bekam ich als Retour den Stinkefinger gezeigt. Schade, dass Radler kein Nummernschild haben. Ja mei, wie leicht wäre doch ein Miteinander statt ein Gegeneinander. Karl Simon, Ebenhausen

Auf Rollstuhlfahrer aufgepasst

Schade, das die barrierefreie Fahrt für E-Rollstuhl-/Rollstuhlfahrer im Stadtverkehr vergessen wurde. Deren ganz andere Fahrvoraussetzungen und Verkehrsregeln kennen (nach meiner Fahrerfahrung) weder Fußgänger, noch Radler oder Autofahrer. In der Verkehrserziehung zum Beispiel an Kitas und Schulen klafft dort im Inklusionszeitalter noch ein Riesenloch. Und Hinweisschilder mit Rollstuhl-Piktogramm et cetera fehlen überall im öffentlichen Raum. Eben darum werden Rollstuhlfahrer und andere mobilitätseingeschränkte Menschen jeden Tag, viele Male, von unaufgeklärten Zeitgenossen mit unrealistischen Ausweich-Erwartungen zu lebensgefährlichen Fahrmanövern genötigt. Und nicht selten dafür auch noch beschimpft und beleidigt! Annette Gümbel-Rohrbach, München

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© SZ vom 27.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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