Streik oder nicht Streik?:"In Angst und Schrecken versetzt"

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Jetzt wird mit härteren Bandagen gekämpft: Im öffentlichen Nahverkehr soll nächste Woche wieder gestreikt werden. Währenddessen hat der MVG einen Einstellungsstopp verhängt.

Dominik Hutter

Unter dem Eindruck des frisch verfügten Einstellungsstopps bei der MVG beginnt an diesem Donnerstag die Urabstimmung über unbefristete Streiks im Nahverkehr. Rund 2800 Mitarbeiter des kommunalen Verkehrsunternehmens haben, gemeinsam mit 3700 Kollegen aus anderen bayerischen Städten, bis Dienstag Zeit, ihre Stimme abzugeben. Erforderlich ist eine Dreiviertelmehrheit, die jedoch wahrscheinlich gilt. Die Streiks würden dann "zeitnah" stattfinden, kündigt die Gewerkschaft Verdi an - voraussichtlich noch in der nächsten Woche.

Streik oder nicht Streik? Diese Frage müssen sich jetzt die MVG-Beschäftigten in der Urabstimmung stellen. (Foto: Foto: ddp)

Unterdessen wächst die Kritik an der harten Haltung von MVG-Chef Herbert König, der - wie am Mittwoch berichtet - angesichts der Forderungen der Gewerkschaften weitere Teile des Busverkehrs an Private abgeben und so die Lohnkosten seines Unternehmens senken will. Befristete Verträge sollen jetzt teilweise nicht mehr verlängert werden. "Erklärungen über einen Einstellungsstopp und Drohungen gegenüber befristet Beschäftigten heizen den Konflikt unnötig weiter an", erklärt Münchens Verdi-Chef Heinrich Birner und fordert König zur Besonnenheit auf.

Auch der SPD-Landtagsabgeordnete Ludwig Wörner, der den Vorsitz in der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen der Münchner SPD innehat, verurteilt die Reaktion des MVG-Chefs aufs Scheitern der Tarifverhandlungen: "Ich halte überhaupt nichts davon, die Leute in Angst und Schrecken zu versetzen." Wer sich, wie kürzlich geschehen, sein eigenes Gehalt um mehr als 50Prozent erhöht habe, könne nicht von den Mitarbeitern verlangen, in der Lohndebatte "den Schnabel zu halten".

Tatsächlich, so Wörner, setze die MVG schon seit längerem auf "Outsourcing", und offenkundig werde nun schlicht die Gelegenheit genutzt, diese Politik weiter voranzutreiben.

Als "schräg" bezeichnet der SPD-Politiker, der früher selbst Trambahn- und Busfahrer sowie Gesamtpersonalratsvorsitzender der Stadtwerke war, den von der MVG immer wieder angestellten Vergleich mit dem Tarifsystem privater Verkehrsunternehmen. Seit mehr als 15Jahren diene der angeblich von der Europäischen Union geplante Wettbewerb im Nahverkehr als "Drohpotential" für die Beschäftigten. In Wahrheit müsse die MVG jedoch keinerlei Konkurrenz fürchten, da nach den aktuellen EU-Vorgaben die Stadt München ihren Nahverkehr auch künftig ohne Ausschreibung dem eigenen Unternehmen überlassen kann.

Für Wörner liegt das Grundproblem darin, dass überhaupt getrennte Tarifverträge für kommunale und private Verkehrsunternehmen bestehen. Diese von der Arbeitgeberseite forcierte Trennung mache es erst möglich, den MVG-Mitarbeitern ständig das niedrigere Lohnniveau der Privaten vorzuhalten.

König vertritt demgegenüber die Meinung, dass auch ein vor Ausschreibungen geschütztes Unternehmen über eine wettbewerbsfähige Lohnstruktur verfügen muss. Dies sei man den Fahrgästen schuldig, die über die Fahrpreise die Kosten des Betriebs decken müssen.

Die Aktion Münchner Fahrgäste hat Arbeitgeber und Gewerkschaften aufgefordert, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, um den Streik noch abzuwenden. Der letzte unbefristete Nahverkehrsstreik im Jahr 1992 habe dazu geführt, dass MVV-Kunden dauerhaft aufs Auto umgestiegen sind, mahnt Aktions-Sprecher Andreas Nagel. Sollte es aber zum Streik kommen, müsse zumindest die rechtzeitige Information der Fahrgäste sichergestellt sein.

© SZ vom 12.03.2009/wib - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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