Strafprozess neu aufgerollt:In einem Anfall von Eifersucht

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Jurij S. tötet eine Bardame, die seine Gefühle nicht erwidert. Das Landgericht stuft die Tat als besonders schwer ein

Von Christian Rost

Der Prozess um den Mord an einer Bardame in einem Nachtlokal am Hauptbahnhof ist am Landgericht München I neu aufgerollt worden. Am Freitag musste sich der 47-jährige Jurij S. erneut wegen der tödlichen Messerattacke auf die 35-jährige Natallia G. am 5. März 2013 im "Kapitol" in der Arnulfstraße verantworten. Er war im November vorigen Jahres wegen der Eifersuchtstat vom Münchner Schwurgericht zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden, wobei die Kammer die besondere Schwere der Schuld feststellte. Damit hätte er nach 15 Jahren Haft nicht vorzeitig entlassen werden können. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Urteil in Teilen auf: Das Revisionsgericht sah die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld als nicht richtig begründet an, weshalb sich das Landgericht nun wieder mit dem Fall beschäftigte.

Erst zwei Tage vor der Messerattacke auf Natallia G. war Jurij S. aus einer Entziehungsanstalt entlassen worden. Der alkoholkranke Mann hatte nach einer Messerattacke auf einen Saufkumpanen wegen Mordversuchs acht Jahre im Gefängnis gesessen und danach einen Zwangsentzug machen müssen. Sobald der ehemalige Soldat aus der Entziehungsanstalt freikam, begann er aber sofort wieder zu trinken. Sein erster Weg führte ihn zu einem Bekannten, mit dem er ein Zechgelage veranstaltete. Danach ging er ins "Kapitol". Er kannte die dort tätige Bardame Natallia G. schon länger und hatte sich in sie verliebt. Die Gefühle wurden aber nicht erwidert. Die Frau, die eine Tochter und einen Lebensgefährten hatte, war nur an einer Freundschaft mit G. interessiert. In der Tatnacht war er ihr letzter Gast. Er schnitt gerade mit einem Messer eine Zitrone für seinen Wodka auf, als ihn ein Eifersuchtsanfall überkam. Mit voller Wucht stieß er Natallia G. das Messer in den Bauch.

Die Frau verlor zwei Liter Blut und konnte nicht mehr gerettet werden. Juri G. tauchte nach der Tat unter und versuchte mit Hilfe eines Bekannten in einem Lieferwagen Richtung Polen zu flüchten. Die Polizei konnte das Fahrzeug bei Dresden ausfindig machen und stoppen. S. kam in Untersuchungshaft, sein Fluchthelfer wurde wegen Strafvereitelung verurteilt.

Im ersten Prozess schwieg Jurij S. In der Neuauflage vor der 2. Strafkammer am Freitag legte er in einer Erklärung seiner Verteidigerin Anna Welker ein Geständnis ab und bedauerte die Tat. "Es tut mir sehr leid. Ich habe aus Angst vor Einsamkeit zugestochen", so S. "Ich wollte aber nicht, dass sie stirbt. Ich habe sie doch geliebt."

An der Verurteilung wegen Mordes änderte aber auch diese Einlassung nichts. Der BGH hatte in seiner Revisionsentscheidung nämlich nicht das Urteil des Münchner Schwurgerichts grundsätzlich als falsch angesehen, sondern nur einen Teil aufgehoben. Das Schwurgericht hatte die besondere Schwere der Schuld auch mit der hohen Rückfallgefahr bei Diebstahlsdelikten des Angeklagten begründet. Er hatte bei einer Bekleidungsfirma, für die er arbeitete, Klamotten im Wert von rund 10 000 Euro gestohlen. Das Diebstahlsdelikt fiel mit Blick auf die Mordtat aber nicht ins Gewicht und wurde eingestellt. Damit hätte es auch beim Schuldspruch gegen S. keine Rolle mehr spielen dürfen.

Die 2. Strafkammer kam zu dem Urteil, dass die Schuld des Angeklagten dennoch besonders schwer wiege. Schon wegen der Täterpersönlichkeit sei dies "eindeutig zu bejahen", so der Vorsitzende Norbert Riedmann.

© SZ vom 22.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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