Statt Leichtbauhallen:Immer mehr Gewerbebauten für Flüchtlinge

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Sozialreferentin Meier war erst skeptisch - nun aber entdeckt sie die Vorteile von leeren Büros als Unterkünfte

Von Sven Loerzer

Nachdem Oberbürgermeister Dieter Reiter den Plan gestoppt hat, Flüchtlinge in Leichtbauhallen unterzubringen, sieht Sozialreferentin Brigitte Meier nun doch gute Chancen, weitere leerstehende Gewerbeimmobilien übergangsweise als Unterkünfte nutzen zu können. So soll ein früher von Siemens genutztes Bürogebäude an der Hofmannstraße 69 in Obersendling für die Unterbringung von bis zu 360 Flüchtlingen angemietet werden. "Wir sind auch noch an zwei weiteren Objekten dran", sagte Brigitte Meier, die derzeit den sechsten Standortbeschluss für die Vollversammlung des Stadtrats am 1. Juli vorbereitet. Adressen wollte sie nicht nennen, da noch mit den Eigentümern verhandelt werden muss. Die Chancen, geeignete Gewerbeimmobilien zu finden, beurteilt die Sozialreferentin inzwischen aber optimistischer als noch vor zehn Tagen.

Die Zwischennutzung von leerstehenden Bürogebäuden biete sich an, um die Wartezeit zu überbrücken, bis neues Baurecht geschaffen ist, sagte Meier. Durch die Aufstellung von Sanitärcontainern sei es möglich, sie rasch in Betrieb zu nehmen. In der Hofmannstraße soll das Kommunalreferat das Erdgeschoss und zwei der insgesamt sechs Obergeschosse anmieten, pro Stockwerk sind etwa 120 Bettplätze vorgesehen. Nach Angaben des Sozialreferats könnte die derzeit nicht intakte Heizungsanlage im laufenden Betrieb instandgesetzt werden. Das Gebäude gehört der Patrizia Immobilien AG, das Gelände soll Teil eines neuen Wohnquartiers werden. Bis es soweit ist, könnte das Haus noch etwa drei Jahre lang als Unterkunft dienen. Im Hinblick auf die Lage des Bürohauses an einer Grünanlage ohne unmittelbare Nachbarn will die Sozialreferentin erneut die Diskussion anstoßen, ob Objekte, die sich von ihrer Lage und der Geländegröße dafür eignen würden, nicht auch mit bis zu 500 Flüchtlingen belegt werden können.

Obwohl noch weitere bereits beschlossene Gemeinschaftsunterkünfte "ans Netz gehen", könnte es eng werden, befürchtet die Sozialreferentin. Möglicherweise werde deshalb noch vor der Sommerpause des Stadtrats ein weiterer Standortbeschluss erforderlich. "Wir schauen alles durch, was sich schnell zur Unterkunft aufrüsten lässt." Denn Brigitte Meier geht davon aus, dass sich die Zahl der Flüchtlinge, die in München unterzubringen sind, "auf hohem Niveau stabilisieren wird", mit einem Rückgang also nicht zu rechnen ist.

Schwieriger sei die Situation bei den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, die vor allem nach München, aber auch in die grenznahen Orte Passau und Rosenheim kommen. Selbst ein großes Stadtjugendamt wie das Münchner komme mit der zusätzlichen Verantwortung für 4000 minderjährige Flüchtlinge "an die Grenzen mit seinen eigenen Jugendhilfeleistungen". Ein großer Teil der jungen Flüchtlinge ist auf dem Gelände der früheren Bayernkaserne untergebracht. Insgesamt gibt es dort 510 Bettplätze in sechs Häusern, knapp 400 davon waren Ende letzter Woche belegt.

Die Sozialreferentin erklärte, dass es bereits "Engpässe in der Versorgung mit stationären Plätzen" für Münchner Jugendliche gebe, die im Rahmen der Jugendhilfe außerhalb ihrer Familie untergebracht werden müssen. Lösen lasse sich das Problem nur durch eine bundesweite Umverteilung der minderjährigen Flüchtlinge, die ohne Eltern in Deutschland angekommen sind. Sie müsse sich an der üblichen Aufteilung der erwachsenen Asylbewerber orientieren.

© SZ vom 26.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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