Trinkwasser:Leitungen sind gespült

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Chlorung des Trinkwassers verunsichert die Bürger

Von Christine Setzwein, Seefeld

Der Seefelder Bürgermeister Wolfram Gum ist bekannt für seine bildliche Sprache. So ist schnell zu erkennen, ob ihm etwas gefällt, ob er sich lustig macht oder sich ärgert. Über die Chlorung des Trinkwassers im Versorgungsgebiet der Wassergewinnung Vierseenland ärgert er sich ziemlich. "Das ist wie mit einem Bombenteppich auf Spatzen schießen", wetterte er am Dienstagabend in der Bürgversammlung im Pfarrsaal von St. Peter und Paul. Ein "Hammer" sei es, dass wegen einer einzigen Enterokokke, die im Brunnen II im Unterbrunner Holz entdeckt worden sei, seit dem 7. Oktober das Wasser in den Gemeinden Weßling, Wörthsee und Seefeld sowie der Ortsteile Buch, Bachern, Schlagenhofen, Frieding, Gewerbegebiet Rothenfeld, Widdersberg, Landstetten, Perchting, Jägersbrunn, Maising und Seewiesen gechlort werden müsse und ein Abkochgebot gelte. Damit das Chlor auch in die entlegensten Winkel kommt, müssten seit Wochen täglich 2,3 Millionen Liter Wasser durch die Leitungen gespült werden. Gum hält das für "völlig überzogen".

Der Schutz des Trinkwassers müsse natürlich oberstes Gebot sein. Dafür tue der Wasser- und Abwasserverband AWA-Ammersee, dessen Vorsitzender Gum ist, auch einiges. "Wir zahlen den Landwirten ihren Ernteausfall, wenn sie ihre Felder direkt an den Wasserschutzgebieten nicht düngen." Dass sich das auszahlt, zeigt die geringe Nitratbelastung des Trinkwassers im Fünfseenland. Nicht überall ist das Wasser so sauber wie hier, darum habe die EU jetzt wegen der allgemein zu hohen Nitratbelastung des Grundwassers Klage gegen Deutschland eingereicht. Für die Gemeinde Gauting, die ein Gewerbegebiet plane und möchte, dass die Wassergewinnung Vierseenland dafür ihr Schutzgebiet "Unterbrunner Holz" verkleinere, habe er daher überhaupt kein Verständnis. In dem gemeinsamen Kommunalunternehmen der Gemeinden Andechs, Herrsching, Pöcking, Seefeld, Weßling, Wörthsee und der Stadt Starnberg gärt es deswegen offensichtlich. Von einer beispiellosen "Ignoranz" seitens der Gautinger ist die Rede.

Anfangs waren die Chlorung des Trinkwassers und das Abkochgebot vom Gesundheitsamt Starnberg bis 28. Oktober angeordnet. Doch weil bei Proben am 17. Oktober weitere drei Enterokokken in Maising gefunden wurden, wurde die vorsorgliche Chlorung bis 11. November verlängert. "Wir haben nach der Trinkwasserverordnung keinen Spielraum", sagt Ralph Gerstweiler vom Gesundheitsamt. Der Grenzwert bei Trinkwasser liege bei Null.

Laut AWA-Vorstand Hermann Doblinger waren alle zuletzt genommenen Proben einwandfrei. Selbst im Brunnen II, der nach der Entdeckung einer Enterokokke sofort vom Netz genommen und nicht gechlort worden sei, sei keine Verunreinigung mehr festzustellen. Der Brunnen ist seit den 1980er Jahren in Betrieb, jetzt seien zum ersten Mal Keime gefunden worden, sagte Doblinger am Mittwoch.

Wie lange es dauern würde, bis alle Leitungen bis zum letzten Aussiedlerhof gespült sind, wussten weder die AWA noch die Wassergewinnung Vierseenland. Bisher gab es die Pläne nur auf Papier, sie mussten noch nie umgesetzt werden. Für Wolfram Gum der Beweis, "dass unser Wasser bei der AWA in den besten Händen ist".

© SZ vom 10.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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