Stechmücken & Biber:Leserbriefe

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Lücken in der Nahrungskette

Zum Beitrag "Bakterien gegen Mücken" vom 4. November:

In der SZ wird die Problematik des Insektensterbens zum Thema der Woche erkoren. Unter dem Schlagwort "Umweltkatastrophen" wird dargestellt, dass es in Deutschland geschätzt 75 Prozent weniger Insekten gibt als vor 30 Jahren - erschreckende Zahlen. Umso verwunderlicher ist o.a. Artikel im Regionalteil der selben Ausgabe. Hier wird der Kampagne "Mückenplage - Nein Danke" ein Forum geboten und kolportiert, die Mehrheit der Ammerseeanrainer befürworte den Einsatz von BTI gegen Stechmücken.

Bei zirka 10 700 in Herrsching lebenden Einwohnern stellt ein Rücklauf von 60 Bürgern, die ihre "Leidensgeschichte" in kurze Statements gefasst haben, einen Anteil von 0,56 Prozent dar. Im Umkehrschluss: 99,44 Prozent kommen mit den Störenfrieden auch ohne Einsatz von Bakterien klar oder stehen den Plagegeistern zumindest gleichgültig gegenüber. Weshalb die Initiative für sich in Anspruch nimmt, sie spräche für die Mehrheit der Anwohner, ist angesichts dieser Werte nicht nachvollziehbar. Zudem verbreitet die Initiative bei der Information über die Unbedenklichkeit ihrer "Wunderwaffe" nicht die ganze Wahrheit: Die Aussage, einzig Stechmücken würden BTI zum Opfer fallen, ist schlichtweg falsch. Nach Auskunft des BUND Traunstein ist BTI nicht nur für Stechmücken, sondern auch für andere Mückenarten, die den Menschen nicht stören, tödlich. Mit deren Fehlen in der Nahrungskette würde auch Vögeln, Fledermäusen und Fischen ein wichtiger Teil der Ernährung fehlen.

Ein solch intensiver Eingriff in ein intaktes Ökosystem mit all seiner Artenvielfalt ist allenfalls nur dann nachvollziehbar, wenn Gefahr für Leib und Leben bestünde. Wenn es sich jedoch um persönliche Empfindlichkeiten, wirtschaftliche oder gar politische Begehrlichkeiten Einzelner handelt, muss einem solchen Vorhaben klar ein Riegel vorgeschoben werden. Der immer wiederkehrende Appell an die Solidarität der anderen Ammerseegemeinden läuft dann auch ins Leere, da sich die vielen Gegner des BTI-Einsatzes nicht vor den Karren dessen Befürworter spannen lassen wollen. Wer lauter schreit als die anderen, hat nicht automatisch Recht. Man kann nur an den Herrschinger Gemeinderat appellieren, sich bei seiner Entscheidungsfindung gegen den unsinnigen Eingriff in ein über viele Jahre hinweg entstandenes biologisches Gleichgewicht auszusprechen. Matthias Jausel, Utting

Bach-Baumeister Mensch und Biber

Zum Beitrag "Jagd auf Problem-Biber" vom 9. November:

Der Mensch breitet sich seit langem an Ufern von Bächen und Flüssen aus. Das hat dem Biber in Bayern schon mal 100 Jahre Zwangspause eingebracht, weil seine Konkurrenz nicht erwünscht war: Er fällt - wie die Menschen - Bäume, wird allerdings öfters zum "Problem", weil er die falschen Bäume fällt - eigentlich immer welche, die ihm gar nicht gehören. Zudem sind auch die vielen kleinen Polderflächen des Bibers derart unbeliebt, dass sie selbst im Naturschutzgebiet Ampermoos nicht geduldet werden. Diese vom Biber hartnäckig versuchte Wasser-Rückhaltung macht ihn auch zum "Problem-Biber", obwohl sie für die im Artikel genannte Bekassine und auch für menschliche Unterlieger durchaus günstig sein würde.

Der Mensch will seine Bauten wasserfrei halten und sorgt deshalb für möglichst raschen Abfluss von Niederschlägen. Dadurch schafft seine Bautätigkeit für bach- und flussabwärts liegende Siedlungen Überschwemmungsprobleme. Zur Lösung greift er zum gleichen Mittel wie der Biber. Allerdings plant er nicht wie der Biber viele kleine, sondern wenige riesige Polderflächen. Der Zorn der Besitzer dieser dem Wasser geopferten Flächen wendet sich leider nicht gegen die weitere Bebauung der Ufer durch die Oberlieger, sondern gegen die Planungsämter. Die Oberlieger planen und bauen unbeeindruckt an den Bach- und Flussufern munter weiter. So etwa in Inning, wo das letzte freie Bachstück zwischen Ort und Autobahn A96 mit einem Gewerbegebiet bebaut werden soll. Es ist sozusagen das totale Anti-Bauwerk zu einer Polderfläche, ein Ort mit extra stark reduzierter Fähigkeit der Wasser-Rückhaltung. Anfallendes Wasser schickt man einfach über Bach und Fluss den Unterliegern. Eine kleine Berichtigung: der Biber ist kein Einzelgänger, sondern ein Kleinfamilien-Tier so ähnlich wie viele Menschen. Manfred Lehner, Inning am Ammersee Vors. Ortsgruppe Bund Naturschutz

© SZ vom 14.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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