Starnberg:"Jopie war meine größte Liebe"

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Ein Jahr nach dem Tod ihres Mannes Johannes Heesters ist Simone Rethel auf der Bühne zurück und spielt in Köln Theater. Ein Gespräch über ihr Comeback, über aktives Altern und ihre Zeit mit dem berühmten Schauspieler und Sänger.

Von Gerhard Summer

Simone Rethel, 62, steht erstmals wieder im Kölner Theater am Dom auf der Bühne: Ein Jahr nach dem Tod ihres Mannes Johannes Heesters, der Weihnachten 2011 im Alter von 108 Jahren im Klinikum Starnberg gestorben ist, spielt sie in der Komödie "Der Kurschattenmann" eine lebenslustige Dame, die den Verführungskünsten eines Sanatoriums-Casanovas widersteht. Die SZ sprach mit der gebürtigen Herrschingerin Rethel, die in den vergangenen Jahren mehrere Fotobände und Bücher übers Altwerden veröffentlicht und ihre Gemälde in Ausstellungen präsentiert hat, über ihre neue Rolle und ihre Pläne.

SZ: Wo sind Sie gerade in Köln, Frau Rethel?

Simone Rethel: In einer Wohnung, einem Appartement, das vom Theater gemietet ist.

Das erspart Ihnen das Hoteldasein?

Genau. Ich bin seit fast zwei Monaten in Köln, und wenn man so lange weg ist und Theater spielt, ist es am angenehmsten, man hat eine Wohnung. Das ist der Beruf, ich bin das gewöhnt, seitdem ich 16 bin.

Sie sind in der neuen Komödie von René Heinersdorff zu sehen. Und wenn es nach einige Kritikern geht, spielen Sie sehr lasziv, paffen eine Zigarre, räkeln sich im roten Kleid - ein gelungenes Comeback, heißt es.

Es ist schon mal eine schöne Sache, dass René Heinersdorff mir überhaupt diese Chance gegeben hat. Er hat schon bei der Trauerfeier für meinen Mann gesagt: Du musst wieder arbeiten. Aber es gibt ja viele Menschen, die etwas versprechen und es dann nicht halten. Dass er das durchgezogen hat, find' ich schon beachtlich. Und so bin ich in ein wunderbares Ensemble gekommen, wir kennen uns alle von früher. . .

Ingrid Steger, Beatrice Richter, Christine Schild, Volker Brandt. . .

Genau, die Bea kenn' ich schon, seit ich die "Fromme Helene" gemacht habe, und Christine Schild war eine sehr enge Freundin, auch von einem Mann. Wir sind also eine gute Truppe und mögen uns auch. Und das ist halt auch immer sehr wichtig, wenn man in einer schwierigeren Zeit gut aufgefangen wird.

Sie waren zudem in einer Folge der "Rosenheim Cops" zu sehen, "Badeschaum für einen Toten".

Da ist viel Wirbel drum gemacht worden, die Rolle war gar nicht so groß. Also da ist das hier in Köln vom Schauspielerischen her schon interessanter.

Besetzen Sie in Zukunft das Fach des Vamps?

Nein, das sicher nicht. Ich glaub' schon, dass ich immer in meinem Fach bleibe, mir ist es auch wichtig, weiter Komödien zu spielen, das hat mir immer Spaß gemacht. Das ist ja auch ein sehr schwieriges Fach, man sollte es nicht meinen, aber es ist immer schwieriger, die Menschen zum Lachen zu bringen als zum Weinen.

Die Frau ist wieder zurück, die vorher ihr Leben Jopie Heesters geweiht hatte, schreibt der General-Anzeiger Bonn. Sehen Sie das so?

Nein, das war eine ganz besondere Liebe von uns beiden. Aber "geweiht", das ist mir viel zu dramatisch ausgedrückt. Ich hab' natürlich neun Jahre nicht Theater gespielt, weil ich ihn begleitet habe. Es ist schön, das ich jetzt, wie es aussieht, wieder in den Beruf einsteigen kann.

Es war nicht so, dass Sie wegen Jopie Heesters Ihr eigenes Leben aufgegeben haben?

Ganz und gar nicht. Erstmal war unser Leben wunderbar aufregend und schön. Und dann hab' ich mich auch dauernd schöpferisch betätigt. Ich hab' drei Bücher herausgebracht in der Zeit, in der wir zusammen waren, ich habe viele Ausstellungen gemacht. Und ich hab' ihn, wenn er auftrat, immer begleitet und die Conférence übernommen. Es war also nicht so, dass ich quasi nur Hausfrau war. Unser Leben war in keiner Weise ein Verzicht, sondern eher eine Bereicherung.

Es gab immer wieder Leute, die gesagt haben: Warum muss denn Heesters in seinem Alter noch auf die Bühne, er tut sich doch damit keinen Gefallen mehr. Wie sehen Sie das?

Ich bin der festen Überzeugung, dass mein Mann ein Vorreiter war für aktives Altern. Er ist so alt geworden, weil er immer Ziele hatte, weil er immer etwas vor sich hatte. Das Problem in unserer Gesellschaft ist, dass man Menschen in vollem Saft mit 60 oder 65 Jahren aus der Aktivität des Lebens reißt. Er hatte das Glück, dass man als Schauspieler und Sänger immer wieder neue Ziele haben kann. Deshalb habe ich auch dieses Buch geschrieben "Sag nie, Du bist zu alt", das auch einen wissenschaftlichen Hintergrund hat. An der Heidelberger Universität sind Untersuchungen mit 80-, 90- und 100-Jährigen gemacht worden, da ging es speziell darum, dass man sich sportlich betätigen und - am besten natürlich unter medizinischer Beobachtung - Krafttraining machen sollte. Denn Studien belegen, dass sich das Demenzrisiko um 50 Prozent verringern lässt, wenn man regelmäßig Krafttraining macht. Aktivität ist ganz wichtig für Körper und Geist. Ich glaube, eines Tages werden die Leute sagen: Siehste, der Heesters hat das eigentlich vor vielen Jahren schon vorgemacht, dass man dranbleiben muss.

Was machen Sie sportlich, spielen Sie noch Tennis?

Ich musste leider Pause machen, weil mein rechter Arm nicht so mitgemacht hat, da hab' ich in der Schulter plötzlich Schmerzen bekommen. Um noch einmal auf den Punkt zu kommen: Man hat ihn angegriffen, auch weil man mit dem Thema Altern nicht umgehen kann. Man wollte immer dieses Bild des jungen Heesters aus den alten Filmen vor sich haben. Anstatt dass man einfach sagt: Das Alter gehört genauso dazu, dann ist man eben nicht mehr ganz so fit und ganz so schnell - trotzdem muss man nicht von der Bildfläche verschwinden. Wir hätten sehr viel gesündere alte Menschen, wenn wir dranbleiben und nicht ab einem bestimmten Zeitpunkt sagen würden: Ich hör' jetzt auf.

Sie haben gesagt, es tut gut, in einer schwierigeren Zeit aufgefangen zu werden. Wird Weihnachten für Sie schwierig werden?

Nein. Natürlich war das die Zeit, als er krank wurde, das kommt einem immer wieder ins Gedächtnis. Fehlen tut er mir das ganze Jahr, das hat jetzt nichts mit Heilig Abend zu tun. Ich mach' das nicht an Heilig Abend fest, auch wenn das auf diesen Tag gefallen ist. Aber es ist nicht so, dass ich gerade an diesem Tag besonders traurig sein werde, sondern er fehlt mir dauernd. Es ist so.

Werden Sie in Ihrem Haus in Söcking bleiben können?

Das ist die Frage, die mir jeder Journalist stellt. Ich habe einen Interview-Marathon hinter mir, das ZDF hat mich nach München eingeflogen, da sollte ich für die Garmisch-Cops die Werbetrommel rühren. Ich habe dann 17 Interviews hintereinander gegeben, von neun bis halb fünf musst' ich durchreden. Und da kamen immer wieder die zwei Fragen: Bleiben Sie im Haus? Und was machen Sie am 24. Dezember?

Bleiben Sie also?

Ja, es ist kein Problem, ist nie ein Problem innerhalb der Familie gewesen. Kurz nachdem Jopie gestorben war, stand schon in den Zeitungen: Muss Sie raus?

Johannes Heesters hat ja sein komplettes Vermögen an seine Kinder in erster Ehe überschrieben.

Genau, das hatte er schon getan, bevor wir zusammen waren. Es gab damals böse Angriffe, mir war wichtig gewesen, dass dieser Punkt geklärt war. Ich habe damals gesagt: Ich heirate meinen Mann, weil ich ihn liebe, aus keinem anderen Grund. Jopie war meine größte Liebe.

Aber Sie werden kein Buch über Ihr Leben mit Heesters schreiben?

Mit Sicherheit nicht, ich hab so schöne Bücher über ihn gemacht, "Schönheit des Alters" und "Johannes Heesters: Ein Mensch und ein Jahrhundert". Aber es geht keinen Menschen was an, wie wir zwei gelebt haben. Das find' ich auch ganz uninteressant.

Wie geht es weiter nach den Aufführungen in Köln?

Wir werden das Stück in anderen Theatern geben, es geht zunächst weiter nach Bonn, denn unser Regisseur hat dort auch ein Theater. Meine Freunde werden also noch eine Weile auf mein Haus aufpassen müssen. Ich schätze, dass es dann noch nach Düsseldorf geht. Wie mein Mann immer gesagt hat: Ein Anruf, und die Welt sieht anders aus. In unserem Beruf ist das so. Ich hab' in Köln viel Spaß, ich hab' sogar eher das Gefühl, dass ich sprachlich etwas dazu gelernt hab', auch durch meinen Mann, weil der ja unglaublich auf Artikulation geachtet hat. Ich hab' den Beruf natürlich von der Pieke auf gelernt. Angefangen hab ich mit der "Frommen Helene", da war ich Schülerin und hatte ich einen ganz wunderbaren Regisseur, Axel von Ambesser. Am Ende des Films hat er mich beiseite genommen und gesagt: So, pass mal auf, wenn Du Schauspielerin werden willst, und das würd' ich Dir raten, dann musst Du es von der Pieke auf lernen. Er hat mich zur Schauspielschule gebracht, zum Residenztheater und zum Thalia Theater. Und wenn irgendwelche Angebote kamen, haben meine Eltern mit ihm gesprochen und beratschlagt, ob das gut ist oder nicht.

Es wäre doch auch schön, wenn Sie einmal in der Schlossberghalle Starnberg zu sehen wären?

Genau, das können Sie ja mal so schreiben. Aber die Schlossberghalle macht nur Tourneetheater, und auf Tournee möcht' ich im Moment noch nicht gehen. Das ist eine sehr einsame Sache, da muss man ein ganz tolles Team haben, wirklich, als ob's eine Familie ist, die da unterwegs ist. Jeden Tag in einer anderen Stadt - das ist sehr anstrengend, da muss man sehr gefestigt sein, und da bin ich noch nicht so weit. Ich bin ich noch nicht genug über meinen Kummer hinweg.

© SZ vom 24.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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