Segelunfall auf Starnberger See:Rettung in letzter Minute

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So sieht es aus, wenn Profis absichtlich mit einer Sportjolle kentern. Die Boote werden für Regatten eingesetzt. (Foto: Imago)

Drei junge Männer kentern mit ihrer Jolle auf dem Starnberger See. In einer dramatischen Aktion kann die Wasserwacht sie bergen. Die Seeanwohner bangen hingegen wegen des hohen Wasserspiegels.

Von Benjamin Engel und Christian Deussing, Tutzing/Starnberg

Der stark böige Wind, der an den beiden vergangenen Tagen über den Starnberger See wehte, kann ungeübten Wassersportlern schnell zum Verhängnis werden: Drei junge Männer kenterten am Montagnachmittag mit ihrem Segelboot in den bis zu einem halben Meter hohen Wellen zwischen Ammerland und Tutzing. Einsatzkräfte der Wasserwachten aus Ammerland, Feldafing und Tutzing konnten sie aus dem aufgepeitschten Wasser retten. Ein Passant, der am Seeufer in Tutzing unterwegs war, hatte die Rettungskräfte informiert.

Die Wasserwachten rückten sofort mit drei Booten aus, konnten die Segelsportler aber erst nach etwa 20 bis 30 Minuten entdecken. Ein Rettungshubschrauber aus Murnau war ebenfalls im Einsatz. Die jungen Segler, 17, 18 und 20 Jahre alt, wurden stark unterkühlt und entkräftet an Land gebracht. Laut Wasserwacht waren sie von einem Yachthafen in Tutzing mit einer 470-er Sport-Jolle losgesegelt. Mitten auf dem See brach wohl das Steuer des Bootes. Es kenterte und sank zehn Zentimeter unter Wasser. Die Segler versuchten daraufhin, an Land zu schwimmen.

Zunächst suchten die Einsatzkräfte im derzeit rund 17 Grad kühlen Seewasser vergeblich nach dem Boot und den Seglern. Erst die Helikopterbesatzung konnte zwei Schwimmer etwa 1,5 Kilometer vom Westufer entfernt orten. Den Einsatzkräften gelang es, die beiden ins Boot zu ziehen, ehe sie wenig später auch den dritten Mann entdeckten und retteten.

Die beiden ersten Geretteten hätten sich wohl gegenseitig über Wasser gehalten, sagt Michael Döhla, technischer Leiter der Ammerlander Wasserwacht, am Dienstag. Alle drei Männer seien nur mit leichten Badeshorts und T-Shirts bekleidet gewesen. Schwimmwesten hätte keiner der Segler getragen. Aus Döhlas Sicht hatten sie großes Glück. Sie seien rund 20 bis 30 Minuten im Wasser gewesen. In dieser Zeitspanne kühle der Körper bei Wassertemperaturen von 17 Grad stark ab. Es werde wesentlich anstrengender zu schwimmen. Die Kombination von Unterkühlung und Überanstrengung sei gefährlich. Einer der Segler sei schon so entkräftet und unterkühlt gewesen, dass er wohl kaum wesentlich länger durchgehalten hätte, sagt er.

Döhla geht von einem technischen Defekt als Auslöser des Unfalls aus. Es sei wohl das Steuer gebrochen, sagte er. Wegen der teils starken Böen, die am Montagnachmittag auf dem Starnberger See herrschten, habe das Boot deshalb leicht kentern können. Es sei nicht selten, dass ungeübte Segler am Starnberger See kenterten. Besonders an Tagen, an denen das Wetter anfangs noch sehr schön sei und dann umschlage, würden unberechenbare Böen auftreten. Doch dass ein gekentertes Boot auch noch sinke, habe er in seiner Zeit als ehrenamtlicher Wasserwachtler noch nicht erlebt, sagt Döhla.

Die Einsatzkräfte brachten die drei Segler zur Tutzinger Wasserrettungsstation. Zwei von ihnen wurden mit dem Krankenwagen in das Klinikum nach Starnberg gebracht. Der Rettungshubschrauber flog den dritten Mann zur Beobachtung ins Krankenhaus nach München-Harlaching.

Nicht nur die Windverhältnisse sind problematisch, auch der Dauerregen und damit verbunden der gestiegene Wasserpegel macht den Anrainern des Starnberger Sees zu schaffen. Besonders prekär ist die Situation in der Wassersportsiedlung in Starnberg. Die Bewohner sind nervös. An der tiefstgelegenen Stelle wohnt Eckart Blaschke, der bereits Wasser abpumpt und Sandsäcke am Gartenweg platziert hat. "Wenn es so weiter regnet, muss ich mindestens noch 80 Säcke bestellen", sagt der Rentner.

Seit 30 Jahren wohnt Blaschke in der Siedlung. Er kontrolliert ständig den Pegelstand. Am Dienstagmittag betrug er 1,10 Meter. "15 Zentimeter höher, dann wird es für uns kritisch", warnt Blaschke. Auf der Hut ist auch die Anwohnerin von gegenüber. Die dreifache Mutter weiß, dass es bald brenzlig wird. Zuerst drückt das Wasser in die Einfahrt und danach in die Garage. An der Terrasse schwappt auch schon das Wasser bedrohlich an die Kante.

Unterdessen leidet die Schifffahrt noch nicht unter Beeinträchtigungen. Es würden noch alle Stege angefahren, ist vom Betriebsleiter für den Starnberger See, Ralph Schlemmert, zu hören: "Das Wasser steht derzeit 40 Zentimeter höher als normal." Um den Betrieb zu gefährden, müsste der Pegel noch einmal um 25 Zentimeter steigen. Davon jedoch, so Schlemmert, sei angesichts der besseren Wetterprognosen für die nächsten Tage nicht auszugehen.

© SZ vom 24.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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