Seefeld:Das Millionen-Grab

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Jetzt steht es fest: Die kriselnde Chirurgische Klinik Seefeld braucht heuer noch von den Gemeinden und vom Landkreis eine finanzielle Spritze von 2,35 Millionen Euro - sonst kann ein Kredit nicht bedient werden

Von Christine Setzwein, Seefeld

Dem Landkreis Starnberg und den Gemeinden Andechs, Gilching, Herrsching, Inning, Seefeld, Weßling und Wörthsee ist die Chirurgische Klinik Seefeld lieb und teuer. Sehr teuer. Bis Ende des Jahres müssen sie 2,35 Millionen Euro für das kommunale Haus aufbringen, sonst bekommen die Krankenhausmitarbeiter kein 13. Monatsgehalt, kann ein Kredit nicht zurückbezahlt werden und weder ein neues Ultraschall- noch ein EKG-Gerät angeschafft werden. Doch in der Sitzung des Zweckverbands Krankenhaus Seefeld am Freitagnachmittag war kein Murren zu hören. Landrat und Bürgermeister genehmigten die Haushaltssatzung für 2016 einstimmig.

Immerhin: "Es schaut besser aus als befürchtet", sagte der Seefelder Bürgermeister und Zweckverbandsvorsitzende Wolfram Gum. Die Zusammenarbeit mit der Starnberger Kreisklinik wirke sich bereits wohltuend auf die Finanzen aus. Dass die Verluste halbiert werden - von 1,2 Millionen auf 600 000 Euro - liegt aber daran, dass sich der Zweckverband nicht schon zum 31. Dezember 2016 auflösen kann, sondern frühestens zum 31. März, wenn nicht erst zum 30. Juni 2017. Heißt: Es braucht noch einen Wirtschaftsplan 2017. Auch die 700 000 Euro Eigenanteil für einen vierten Operationssaal wurden aufs kommende Jahr verschoben, sodass die Investitionen deutlich niedriger ausfallen. Andechs muss heuer noch 83 863 Euro zahlen, Gilching 435 267 Euro, Herrsching 245 048 Euro, Inning 107 793, Seefeld 173 402 Euro, Weßling 127 746 Euro, Wörthsee 119 601 Euro und der Landkreis ist mit knapp 1,06 Millionen dabei. Bis Mitte November sind die ersten 600 000 Euro fällig für das Weihnachtsgeld der Mitarbeiter. Und zum 31. Dezember will Klinik-Geschäftsführer Helmut Friedrich den Zwei-Millionen-Kredit zurückzahlen. Ohne den hätte der Betrieb in Seefeld nicht weiter laufen können, da der frühere Geschäftsführer die Bilanzen jahrelang geschönt haben soll und das Haus nur noch von den Reserven gelebt hat.

Doch weder die sieben Gemeinden noch der Landkreis wollen, dass das 72-Betten-Haus geschlossen wird. Deshalb wird die Chirurgische Klinik in die Starnberger Krankenhaus GmbH eingegliedert. Allerdings nur, wenn Seefeld "geordnet übergeben werden kann", wie der Starnberger Klinikum-Geschäftsführer Thomas Weiler in der Zweckverbandssitzung deutlich machte. Für Landkreis und Gemeinden bedeutet das, dass das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht ist. Im kommenden Jahr werden sie noch einmal mindestens die gleiche Summe zuschießen müssen, wahrscheinlich sogar noch ein Drittel mehr. "Es wird ein nennenswerter Betrag sein", prophezeite Weiler. Genaue Zahlen gibt es erst, wenn externe Prüfer den Wirtschafts- und Erfolgsplan 2016 unter die Lupe genommen haben. "Das wird in etwa drei Wochen der Fall sein", meinte Friedrich. Die Gemeinden und der Landkreis brauchen sie, weil demnächst die Haushaltsberatungen beginnen. Landrat Karl Roth muss ohnehin sehen, wo er das Geld hernimmt, denn im Kreisetat 2016 ist für Seefeld nichts vorgesehen, sagte er.

Die Auslastung der Seefelder Klinik sei jedenfalls "super", sagte Friedrich. Das Vertrauen der Patienten habe wegen der finanziellen Schieflage des Hauses nicht gelitten. Auch nicht das der Hausärzte rundherum, wie Chefarzt Markus Wagner bestätigte. Er habe in den vergangenen Wochen 65 Praxen besucht, und der Tenor der Hausärzte lautete: Ohne Seefeld schaffen wir es nicht. Wagner: "Es gab keine einzige Beschwerde." Das liege am Können und der Empathie der Mitarbeiter, an der guten Pflege "und am guten Essen". Das Personal dürfe auf keinen Fall noch mehr reduziert werden. 133 Stellen hat das Seefelder Krankenhaus noch, 150 waren es einmal. "Wir dürfen den guten Ruf der Klinik nicht zerstören", mahnte er. Denn: "Seefeld ist eine Perle", betonte Wagner, der zuvor im Klinikum Harlaching und im Rotkreuzklinikum gearbeitet hat und die Münchner Krankenhausszene gut kennt.

© SZ vom 01.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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